SPECIAL INPUT: Ulrike Schulz

Über den Kanal: Bildung digital

Die digitale Bildungsrevolution fordert seit circa zehn Jahren den Status quo der Schulbildung sowie der Ausbildungs- und Studierfähigkeit an den deutschen Schulen heraus. Doch erst die Corona-Pandemie hat die überfällige gesellschaftliche Debatte über die digitale Schule, ihre Lehr- und Lernkonzepte und den dahinter stehenden Bildungsbegriff eröffnet.

Bildung Digital

Die Diskussion um die Digitalisierung in den Schulen trifft seit geraumer Zeit auf ein zuständiges Schulverwaltungssystem, das konzeptionell, organisatorisch und vor allem personell auf seinen Reserven läuft. Zusammen mit der Bildungswissenschaft sowie der Bildungspolitik steht dieses System unter massivem öffentlichen Druck, in der digitalen Transformation der Schule Handlungsfähigkeit zu beweisen. 

Doch es ist kompliziert: Die mit der Digitalisierung einhergehenden Fragestellungen sind so komplex wie kostspielig. Die Kompetenzen und Fähigkeiten des sogenannten 21st Century Learner an den Schulen zu bestimmen, löst Zielkonflikte zwischen der Umsetzung von Informationstechnologie und pädagogischen Selbstverständlichkeiten aus: Der Schutzraum Schule verlangt strenge Auflagen im Daten- sowie Kinder- und Jugendschutz, aber welches Personal soll die zahlreichen Angebote privatwirtschaftlicher Edutech-Unternehmen systematisch prüfen? Die Lernenden sollen Bildung auf höchstem internationalen Niveau erwerben, die stetige Abnahme bei den Grundkompetenzen Lesen, Schreiben und Rechnen senden das entgegengesetzte Signal. Die Lehrenden sollen sich mehr als Coaches verstehen, aber immer weniger Menschen können sich für den Beruf entscheiden. Privatschulen und Elterninitiativen springen in die Lücken. Sie verschieben damit die gesamtgesellschaftlich zentrale Balance zwischen sozialer Teilhabe und Bildungsgerechtigkeit.

Wer handlungsfähig sein will, braucht die versierte Auseinandersetzung mit wissenschaftlich wie schulpraktisch erprobten Konzepten, um Antworten auf die Systemfragen für die zukünftige Schulbildung in der digitalen Welt zu finden: Wie lassen sich diese Zielkonflikte entschärfen - wie werden sie international gelöst? Wie viel digitale Schule wird aus lerntheoretischer und pädagogischer Perspektive empfohlen? Brauchen wir noch einen Bildungskanon für die Schule digital und wenn ja, wer stellt diesen mit welchen Prämissen auf? Kann mehr Technik und intensivierter Online-Unterricht die Arbeit der Pädagogen unterstützen oder zukünftig sogar teilweise ersetzen? 

Das Ziel sollte es sein, digitale Mündigkeit zu erreichen, der Weg dorthin kann nicht ohne eine Diskussion um den Bildungsbegriff beschritten werden. Wie weiter mit der digitalen Schule in Deutschland? te.ma erkundet die digitale Schule in Deutschland, möchte Denkanstöße geben, eine vertiefte Diskussion anregen: von der aktuellen Praxis des Lehren und Lernens in den Schulen über die Probleme aus der Verwaltungsperspektive bis hin zu den neuesten Entwicklungen in der Künstlichen Intelligenz und Erkenntnissen in der Lerntheorie. 

Ein Thema mit so viel gesellschaftlicher Unwucht verlangt, dass Stimmen aus der Praxis genauso gehört werden wie die Vorschläge aus der Wissenschaft und Bildungsverwaltung. Das spiegeln wir auch in der Kuration des Kanals wieder. Wir freuen uns sehr, dass wir so versierte wie praxiserfahrene Kuratorinnen und Kuratoren gefunden haben: Christina Schwalbe, die sich für die digitale Lehre an der Uni Hamburg einsetzt; den Kommunikations- und Ausstellungsdesigner Thomas Meyer, der schon seit vielen Jahren schulische Projekte begleitet; die Gymnasiallehrerin Lucie Yertek, die jeden Tag in der Praxis steht sowie Janne Wagner, Lehramtsstudentin für Philosophie und Informatik, die auf die studentsiche Ausbildung blickt. Für diesen Kanal werden wir auch Gastkuratorinnen und - kuratoren einladen, die Projekte, Initiativen und Debatten vorstellen, etwa aus der Didaktik, der Schul- und Unterrichtsentwicklung sowie aus übergreifenden Projekten zwischen den unterschiedlichen Akteuren des Bildungssystems. Sie alle bringen in den kommenden Monaten regelmäßig ihre Expertise in den Themenkanal ein. Sie stellen Materialien vor, die den Diskurs begleitet, angetrieben oder auch konzeptionell in neue Richtungen verändert haben. 

Wir laden alle an dem Thema Interessierten ein, ihre Ideen und Anregungen oder auch kritischen Fragen in den Foren oder direkt im Feed zu teilen. Wir erhoffen uns intensiven Austausch und viele individuelle Perspektiven auf die Bildung Digital.

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