Die Liste russischer Kriegsverbrechen in der Ukraine ist lang

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Die Liste russischer Kriegsverbrechen in der Ukraine ist lang

»Violations of international humanitarian law in Ukraine«

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Geschrieben von Sebastian Hoppe

Bei te.ma veröffentlicht 09.03.2023

Geschrieben von Sebastian Hoppe
Bei te.ma veröffentlicht 09.03.2023

Das russische Militär sowie russische paramilitärische Einheiten haben sich in der Ukraine zahlreicher Kriegsverbrechen sowie Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht schuldig gemacht. Die Nichtregierungsorganisation Eastern Ukrainian Center for Civil Initiatives (EUCCI) dokumentiert in ihrem Jahresbericht diese Taten. Ihre Hoffnung besteht in einer zukünftigen juristischen Aufarbeitung der Verbrechen. 

Das EUCCI sammelt und dokumentiert bereits seit 2014, dem Jahr der Annexion der Krim und der militärischen Intervention Russlands im Donbass, Menschenrechtsverletzungen in der Ostukraine. Das Ziel dieser Arbeit ist es, die nachgewiesenen Fälle an den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag, die ukrainische Generalstaatsanwaltschaft sowie andere legitimierte internationale Untersuchungskommissionen weiterzuleiten. Damit sollen spätere Prozesse gegen die Täter vorbereitet werden.

Die im Bericht zum ersten Kriegsjahr dokumentierten Taten sind erschreckend. Durch die Sammlung von Augenzeugen- und Medienberichten sowie die Auswertung von Veröffentlichungen in sozialen Netzwerken können unter anderem Verbrechen russischer Soldaten in den Regionen Kyjiw, Tschernihiw, Charkiw, Cherson, Donezk und Mykolajiw nachgewiesen werden. Die Taten wurden meist während der temporären russischen Besatzung dieser Gebiete verübt oder entstanden im Zuge der Kriegführung in der Luft und am Boden. Die Liste der verübten Verbrechen ist lang und schließt unter anderem Folter, sexualisierte Gewalt (insbesondere Vergewaltigungen), willkürliche Erschießungen, Misshandlungen von Kriegsgefangenen, die Zwangsvergabe russischer Staatsbürgerschaften, Totenschändung, Deportationen und Verschleppungen, Raub und willkürliche Beschlagnahmungen, Zerstörung von Ökosystemen, gezieltes Aushungern sowie die Bombardierung von ziviler Infrastruktur und Wohnhäusern mit ein.

Das EUCCI ergänzt seine Beschreibungen der Menschenrechtsverletzungen durch völkerrechtliche Einordnungen. Die Nichtregierungsorganisation stellt dabei klar, dass es auch für Kriegshandlungen völkerrechtlich bindende Vorgaben gibt, die Russland als Mitglied der UN und insbesondere als ständiges Mitglied im UN-Sicherheitsrat anerkannt hat. Russland verletzt unter anderem mit dem gezielten Beschuss von Städten das Kriegsrecht, wie es etwa in der Genfer Konvention niedergelegt ist.

Der Bericht geht sehr differenziert vor und macht auch auf bestehende Ungewissheiten bei der Dokumentation aufmerksam. So wird beispielsweise anerkannt, dass nicht alle aus Massengräbern geborgenen Leichen Kriegsverbrechen im engeren Sinne zum Opfer fielen, sondern teilweise durch Artilleriefeuer oder eine natürliche Todesursache starben. Gleichwohl ermöglicht die minutiöse Dokumentation im Bericht, solche Fälle von jenen zu unterscheiden, in denen eindeutig unbeteiligte Zivilisten durch russische Truppen zu Tode kamen.

Folgt man der Arbeit des EUCCI in den vergangenen Jahren, so wird deutlich, dass russische Menschenrechtsverstöße nicht erst mit der Invasion am 24. Februar 2022 begonnen haben, sondern das Kriegsgeschehen im Donbass bereits seit 2014 begleiten und systematischen Charakter tragen. Erst mit der vollumfänglichen Invasion im Februar 2022  hat sich jedoch die Aufmerksamkeit der Weltgemeinschaft zunehmend auf die russischen Verbrechen gerichtet. Die Chancen, dass nach einem Ende des Krieges die Täter tatsächlich juristisch belangt werden, sind jedoch gering: Einerseits erkennt Russland den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag nicht an, der neben ukrainischen Gerichten maßgeblich für zukünftige Anklagen zuständig wäre. Andererseits wurde die von den Vereinten Nationen im August 2022 eingesetzte internationale Untersuchungsmission bereits im Januar 2023 aufgelöst. Der offiziellen Erklärung zufolge seien die Voraussetzungen für den Einsatz der Mission vor Ort aufgrund fehlender Sicherheitsgarantien für die Teilnehmer*innen der Untersuchung nicht gegeben.

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