SPECIAL INPUT: Anne-Sophie Waag

Die Nationale Bildungsplattform: Blaupause für Chancen und Herausforderungen deutscher Digital- und Bildungspolitik

Mit der Nationalen Bildungsplattform will die Bundesregierung eine bundesweite digitale Infrastruktur zur Vernetzung von Bildungsangeboten und Speicherung von Zeugnissen und Zertifikaten schaffen. Aus Sicht von Wikimedia Deutschland ist das ein wichtiger und überfälliger Schritt, um die digitale Bildung in Deutschland voranzubringen. Allerdings kritisiert die Organisation die mögliche Kommerzialisierung, fehlende Beteiligungsstrukturen und Unklarheiten in der langfristigen Finanzierung des Vorhabens.

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Stellen Sie sich vor, es ist 2027. Die Nationale Bildungsplattform (NBP) wurde erfolgreich in Betrieb genommen und wird bundesweit in den verschiedenen Bildungsinstitutionen umfassend eingesetzt. Luca geht in die 9. Klasse und bereitet sich auf den Mittleren Schulabschluss vor. Per Einmalanmeldung (Single Sign-on) kann Luca sich bei der NBP anmelden und dann auf alle Materialien der vergangenen Schuljahre zugreifen. Gleichzeitig sind in der NBP in einem geschützten Bereich Lucas bisherige Zeugnisse in der sogenannten Wallet hinterlegt. Auch sind frühere Suchanfragen und absolvierte Kurse abgespeichert, wodurch sich ein individuelles Profil ergibt. Der Algorithmus der NBP schlägt Luca weiterführende Lerneinheiten vor, die zu den bisherigen Lerninhalten und Interessen passen. Luca kann aber auch gezielt nach Übungen suchen, um Aufgaben und Inhalte für die Abschlussprüfung zu wiederholen – einfach und kostenlos. Es besteht ebenso die Möglichkeit, gemeinsam mit anderen Lernenden in und außerhalb der Schulklasse online über die NBP zu kommunizieren und zusammenzuarbeiten oder bei der Lehrkraft Feedback einzuholen. Wenn Luca sich entscheiden sollte, nach Abschluss der 9. Klasse eine Ausbildung anzufangen, könnten für die Bewerbung benötigte Nachweise wie Zeugnisse und Zertifikate über die NBP mit wenigen Klicks freigegeben werden. Da mit dem Verlassen der Schule der persönliche Bildungsweg nicht abgeschlossen ist, kann Luca alle bisherigen Materialien, Kurse und Nachweise automatisch mitnehmen und im Verlauf zukünftiger Aus-, Fort- und Weiterbildungen neue Materialien problemlos hinzufügen. In der NBP sind alle Systeme interoperabel, sodass für Luca auch beim Wechsel der Bildungsinstitution kein Medienbruch entsteht. Die NBP ist auf lebenslanges Lernen ausgerichtet.

Die Idee einer derartigen Bildungsplattform wurde von vielen Seiten begrüßt. So fordern verschiedene Verbünde wie das Forum Bildung Digitalisierung (FBD) oder das Hochschulforum Digitalisierung (HFD) seit längerem eine umfassende Digitalisierung des Bildungssystems. Auch die Bildungswissenschaftler*innen und -expert*innen der Ständigen Wissenschaftskommission der Kultusministerkonferenz (SWK) kommen in ihrem Gutachten zu dem Schluss, „dass für ein zukunftsfähiges Bildungssystem die aktive und progressive Gestaltung einer digitalen Transformation nötig ist“ (S. 11). Die NBP könnte hier wegweisende Signale senden.

Dennoch zeigen sich in der Planung und aktuellen Entwicklung der NBP eine Reihe von Problemen und Herausforderungen, auf die Wikimedia 2022 bereits in einer umfangreichen Konzeptstudie hingewiesen hat. Angefangen beim Ausschreibungsprozess über die technische Ausgestaltung bis hin zur Governancestruktur der Plattform. Im Folgenden werden einige kritische Aspekte des Vorhabens genauer betrachtet, die auch geeignet sind, um wiederkehrende Herausforderungen der Bildungs- und Digitalpolitik zu illustrieren. Davon ausgehend entwickelt Wikimedia Deutschland Forderungen, wie digital- und bildungspolitische Vorhaben gestaltet sein sollten, damit sie den Werten von Offenheit, Bildungsgerechtigkeit und Datensouveränität entsprechen.

Von der Idee zur Ausschreibung: Wer entscheidet?

Die Idee für die NBP stammt ursprünglich von Saskia Esken, Bundestagsabgeordnete und Ko-Vorsitzende der SPD. In einem Tagesspiegel-Interview vom Sommer 2020 skizzierte sie erstmals eine bundesweite Lernplattform, auf der sich Lehrkräfte und Lernende vernetzen und in einem geschützten digitalen Raum Bildungsmaterialien und -medien nutzen sollen. Nach Esken sollte es sich dabei um offene Bildungsmaterialien, sogenannte Open Educational Resources (OER), handeln. OER werden – im Gegensatz zu vielen Büchern und Materialien der Schulbuchverlage –  unter freien Lizenzen veröffentlicht, wodurch Lehrende und Lernende die Materialien kostenlos nutzen, verändern und erneut teilen können. Für die seit über 20 Jahren aktive OER Community in Deutschland wäre die Etablierung einer solchen bundesweiten offenen und frei zugänglichen Bildungsplattform durchaus ein Meilenstein gewesen.

Als 2021 die Bekanntmachung der Förderrichtlinie „Initiative Nationale Bildungsplattform“ (BMBF, 2021) von der neuen Bundesregierung veröffentlicht wurde, war von offenen Bildungsmaterialien allerdings nichts mehr zu lesen. Ob dies auch an den Stellungnahmen der im Vorfeld befragten wirtschaftsnahen Nichtregierungsorganisationen lag (u.a. BfB, 2020; Bitkom, 2021), kann nicht abschließend beantwortet werden. Durch die Einbindung eigener, kostenpflichtiger Inhalte und Produkte eröffnet die Förderrichtlinie jedoch im Gegensatz zur ursprünglichen Idee nun auch privatwirtschaftlichen Akteuren eine Beteiligung an der Plattform. Dies ist insofern kritisch, als dass in den meisten Bundesländern der Grundsatz der Lernmittelfreiheit besteht. In Hinblick auf Chancengerechtigkeit muss für alle Lernenden und Lehrenden ein kostenloser Zugang zu qualitativ hochwertigen Lehr- und Lernmaterialien gewährleistet werden. Eine starke Präsenz privatwirtschaftlicher Akteure und deren Angebote auf der NBP könnte dies jedoch konterkarieren und bestehende Ungleichheiten noch verstärken.


Forderung: Wikimedia Deutschland fordert die Bundesregierung dazu auf, in staatlichen, öffentlich finanzierten Projekte von Beginn an transparente Beteiligungsstrukturen unter Einbezug von zukünftigen Nutzenden, Fachleuten aus Schule und Wissenschaft sowie zivilgesellschaftlichen Akteursgruppen einzurichten. Eine frühzeitige Miteinbeziehung entsprechender Interessengruppen ist nötig, um das Vorhaben demokratisch zu legitimieren und die nachhaltige Nutzung und Akzeptanz der Plattform zu steigern.


„Wir vernetzen ja nur“: Kann eine Plattform neutral sein?

Mit dem Inkrafttreten des Digital Services Act der Europäischen Kommission im November 2022 haben die Diskussionen rund um Pflichten und Verantwortlichkeiten von Plattformanbietern eine neue Sichtbarkeit erhalten. Auch wenn Plattformen keine eigenen Inhalte verbreiten, müssen sie dennoch Mechanismen einrichten, mit denen Nutzer*innen rechtswidrige und strafrechtlich relevante Inhalte an zuständige Behörden melden oder diese entfernen lassen können. Wie umfangreich diese Verpflichtungen im Detail sein werden, ist davon abhängig wie viele Nutzer*innen eine Plattform hat und wie sie mit Daten umgeht.

Auch die NBP ist kein neutraler Dienst. Der zukünftige Betreiber der Plattform, der bislang zumindest noch nicht öffentlich bekannt ist, ist rechtlich dazu verpflichtet, Meldestellen für die Nutzer*innen einzurichten. Darüber hinaus stellt sich die Frage der formalen Qualitätssicherung zugänglicher Bildungsinhalte. An dieser Stelle soll es zunächst nicht um die fachliche Qualität gehen, sondern um den Schutz der Nutzer*innen vor unangemessenen oder gefährlichen Inhalten. Soweit Wikimedia Deutschland informiert ist, gab es für die Entwicklungsprojekte (einzelne kleinere Projektvorhaben, die themenspezifische Plattformen oder spezielle Features zum Einbetten in die NBP Infrastruktur entwickeln) bislang keine Mindeststandards was die Qualitätssicherung der Inhalte angeht.

Von Seiten des BMBF heißt es auf Nachfrage (etwa auf der Bitkom Bildungskonferenz, 2023), die NBP solle für alle Anbieter offen sein, niemand werde von vornherein ausgeschlossen. Für die Inhalte sei das BMBF schließlich nicht zuständig, man biete lediglich eine Schnittstelle zur Vernetzung von landes- und themenspezifischen Lernplattformen an, die wiederum verantwortlich für die eigenen Inhalte seien. Natürlich müsse sich an „verfassungsrechtliche Normen im Content“ gehalten werden, aber das BMBF habe nicht vor, eine „Bundesbildungscontent-Polizei“ einzurichten, drückte es eine hochrangige Mitarbeiterin aus (Minute 29:55 bis 30:46).

Was etwas flapsig kommentiert wird, ist allerdings eine zentrale Herausforderung für die NBP: Auch wenn die Bundesregierung selbst keine eigenen Inhalte für die Plattform erstellt, muss sie dennoch gewährleisten, dass ihre Nutzer*innen, insbesondere minderjährige Kinder, sich dort sicher bewegen können. Wenn die NBP der zukünftige zentrale digitale Lernort werden soll, dann sind die Sicherheit der Inhalte und ihrer Nutzung eine elementare Grundlage.


Forderung: Wikimedia Deutschland fordert die Bundesregierung dazu auf, ein interdisziplinär und divers zusammengesetztes Gremium zur Erstellung und kontinuierlichen Prüfung sowie Überarbeitung von Qualitätskriterien für das Monitoring der angebundenen Anbieter und deren Inhalte einzurichten. Darüber hinaus sollen Meldeverfahren und zuständige Behörden transparent gemacht werden.


Die Sache mit den Daten: Wie souverän sind die Nutzer*innen tatsächlich?

Weiterhin unklar sind auch Fragen der Datensicherheit und -souveränität. In der Förderrichtlinie (BMBF, 2021) wird der Anspruch der digitalen- bzw. Datensouveränität der Nutzer*innen mehrmals hervorgehoben. Digitale Souveränität als Erweiterung des Medienkompetenzbegriffs, „umfasst neben dem souveränen Umgang mit digitalen Medien auch die Kompetenz, sich mit relevanten Sicherheitsaspekten und möglichen Risiken auseinanderzusetzen“ (Wikipedia, 2022).

In Bezug auf die NBP wird der Förderrichtlinie nach offenkundig davon ausgegangen, dass sämtliche Nutzer*innen bereits souverän mit ihren Daten umgehen können. Untersuchungen wie etwa die ICILS Studie (2018) legen jedoch nahe, dass mehr als die Hälfte der Schüler*innen keine ausreichenden computer- und informationsbezogenen Kompetenzen besitzen. Bei den Erwachsenen sieht es nicht viel besser aus (D21 e. V., 2021). Hinzu kommt der sogenannte Digital Divide, der aufzeigt, dass der Zugang zu digitalen Techniken und die Kompetenzen im Umgang ungleich verteilt sind und Personen aus weniger privilegierten und marginalisierten Gruppen benachteiligt sind.

Es ist also nicht davon auszugehen, dass Nutzer*innen sich uneingeschränkt selbstständig und souverän im Netz oder durch Angebote der NBP bewegen können. Abgesehen davon setzt Datensouveränität voraus, dass an jeder Stelle transparent ist, welche Daten für welche Zwecke und mit welchen Konsequenzen für die Nutzer*innen eingesetzt und erhoben werden. Ähnlich der fehlenden Qualitätsstandards, gibt es nach dem Wissensstand von Wikimedia Deutschland für die Anbieter der Bildungsinhalte aktuell keine Vorgaben, welche Daten sie sammeln und verwerten dürfen, wo diese gespeichert oder wer darauf zurückgreifen kann und wie sie die Nutzer*innen im souveränen Umgang mit den eigenen Daten unterstützen müssen.

Wie der NBP Projektseite entnommen werden kann, wird aktuell bereits an einem Entwicklungsprojekt gearbeitet, das mithilfe von sogenannter Künstlicher Intelligenz die „Auffindbarkeit von Bildungsinhalten verbessern und Empfehlungen passend zu den Suchkriterien der Nutzenden machen“ soll (Antwort auf die Kleine Anfrage, 2023). Das Projekt ist dementsprechend auf die Nutzungsdaten der Nutzer*innen angewiesen, um seine Empfehlungsalgorithmen zu generieren. Dies muss kein Problem sein: Allerdings bedarf es für die Anbieter klarer Regulierungsvorschriften und für die Nutzer*innen die einfache Option auf Widerspruch, ohne spürbare und relevante Einschränkungen bei Plattformnutzung (im Sinne von Dark Patterns). Bleibt dies intransparent, laufen Nutzer*innen Gefahr, unfreiwillig sensible Daten über ihr eigenes Lernverhalten und ihre Interessen freizugeben.

Gleichzeitig ist aus Sicht der Zivilgesellschaft und Forschung ein offener Zugang zu Daten aus einer Plattform wie der NBP generell von großem Interesse. Die NBP könnte einen wichtigen Beitrag leisten, dem bisherigen „Flickenteppich“ der Datenlage im deutschen Bildungssystem entgegenzuwirken. Diesbezüglich wäre es ein großer Fehler, die Weiternutzung der Daten nicht zu regeln und diesen wichtigen Erkenntnisraum unerforscht zu lassen. Allerdings scheint die Forderung nach offenem Datenzugang gegenläufig zu den Ansprüchen nach Datensicherheit und -souveränität. Mit entsprechenden Standards und Prinzipien können beide Bedarfe aber sinnvoll zusammengebracht werden. Zentral ist, dass diese verschiedenen Ebenen mitgedacht und bei der technischen Umsetzung der Infrastruktur und Entwicklungsprojekte berücksichtigt werden.


Forderung: Wikimedia Deutschland fordert die Bundesregierung dazu auf, Datenschutz „per default“ sicherstellen. Nutzer*innen der NBP (genauso wie von anderen staatlichen, digitalen Anwendungen) müssen ein zufriedenstellendes und umfangreiches Leistungsspektrum erhalten, ohne dass sie eigene Daten unfreiwillig und ohne volles Verständnis der Konsequenzen freigeben. Gleichzeitig muss der Zugang zu den in der NBP anfallenden Daten bei Wahrung des Datenschutzes offen und für Forschung und Zivilgesellschaft weiter nutzbar sein.


Alle reden über Nachhaltigkeit: Wer übernimmt eigentlich langfristig Verantwortung?

Nachdem in den vorangegangenen Absätzen einige Aspekte der NBP beleuchtet und kritisch diskutiert wurden, ist die vielleicht grundlegendste Frage: Was geschieht mit dem Vorhaben nach Ende der Projektförderung im Dezember 2025? Bislang ist noch nicht bekannt, wer die Plattform letztendlich betreiben und wie, beziehungsweise von wem das Projekt langfristig finanziert und technisch betreut wird. Die Klärung dieser Frage ist essentiell für das Fortbestehen der NBP und dass es hierauf noch keine offizielle Antwort gibt, ist bei der Größe des Vorhabens erstaunlich.

Im Hintergrund scheinen aber Vorbereitungen diesbezüglich getroffen zu werden. Im April 2023 erhielten verschiedene Akteure (darunter auch Wikimedia Deutschland) die Anfrage, sich an einer Umfrage zur Governancestruktur der NBP zu beteiligen. Absenderin der E-Mail war die Koordination des Verbundvorhabens Bildungsraum Digital (BIRD), die die Entwicklung des NBP-Prototypen verantwortet. Ziel der Umfrage sei es, „die Perspektiven von unterschiedlichen Akteuren des Bildungsbereichs einzuholen“ und „empirisch gestützte Governance-Empfehlungen für das BMBF [zu] erarbeiten“. Auch wenn die Beantwortung der Umfrage aufgrund der vielen Unbekannten nicht trivial war – die Durchführung der Umfrage selbst ist ein wichtiges Zeichen, dass an der Ausgestaltung der Governance-Strukturen gearbeitet wird.

Möglicherweise war ein Grund für die lange Zurückhaltung bezüglich der Festlegung von Governancestrukturen und einem Betreibermodell auch der Föderalismus: Es sollte nicht der Eindruck entstehen, der Bund greife zu stark in die Bildungspolitik der Länder ein. Diese Strategie scheint aber nicht aufgegangen zu sein. Am 1. Juni 2023 meldete sich die Kultusministerkonferenz (KMK) über den Tagesspiegel Background zu Wort und kündigte ihre Beteiligung an der Nationalen Bildungsplattform auf. Hintergrund sei die fehlende frühzeitige Einbindung der Kultusministerien in das Bundesprogramm NBP. Man habe bereits ein eigenes länderübergreifendes Projekt und brauche die NBP nicht.

Das Projekt, auf das hier verwiesen wird, nennt sich VIDIS. Es startete offiziell im Februar 2021 und wird über den DigitalPakt Schule finanziert (Kultusministerkonferenz, 2021). Liest man sich die Projektbeschreibung durch, dann fällt schnell auf, dass sich hier einige der zentralen Funktionalitäten der NBP wiederfinden: Einmalanmeldung für Lehrkräfte und Schüler*innen mit Zugang zu verschiedenen Bildungsinhalten und Plattformen sowie eine technische Schnittstelle für Bildungsanbieter, um eigene Inhalte auffindbar zu machen. 

Im Januar 2022 hatte der Bundesrechnungshof die geplante Ausgestaltung der NBP aufgrund dieser Parallelstrukturen bereits moniert. Er kommentierte das Vorhaben in seinem Bericht an den Haushaltsausschuss des Bundestages aufgrund mangelnder Prüfung der Wirtschaftlichkeit, fehlender Absprachen mit den Ländern und potenzieller Überschneidungen mit dem DigitalPakt Schule kritisch: „Trotz fehlender Finanzierungskompetenz und ohne Abstimmung mit den Ländern, hat das BMBF die Entwicklung einer Nationalen Bildungsplattform gestartet. Es hat hierzu Haushaltsmittel zur Bewältigung der COVID-19-Pandemie beansprucht, ohne auch nur ansatzweise den Bedarf zu zeigen. Mit der Nationalen Bildungsplattform nimmt es erhebliche Überschneidungen mit dem ,DigitalPakt Schule’ in Kauf. Auch die länderübergreifenden Maßnahmen zielen darauf, lernförderliche, interoperable digitale Infrastrukturen sowie Lehr-Lern-Infrastrukturen zu etablieren und vorhandene Strukturen zu optimieren.“ Die NBP wurde dennoch wie geplant vorangetrieben.

Bis zum 7. Juni 2023 lag laut KMK Generalsekretär Udo Michallik noch kein Gesprächsangebot von Seiten des BMBF vor, berichtet Table.Media. Ob es jedoch einen bilateralen Austausch zwischen BMBF und einzelnen Kultusministerien gibt, ist für die Öffentlichkeit nicht ersichtlich. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Situation weiterentwickelt.


Forderung: Wikimedia Deutschland fordert die Bundesregierung dazu auf, insbesondere im Kontext von Bildungsinitiativen die Bundesländer und deren bildungspolitische Vertretungen frühzeitig mit einzubinden. Doppelstrukturen müssen vermieden und Synergien genutzt werden. Governancestrukturen für die NBP müssen außerdem zügig geklärt werden. Wir favorisieren eine zivilgesellschaftliche Betreiberstruktur. Der Einsatz von Plattformräten –  wie im Koalitionsvertrag (S. 14) angekündigt – wäre hier ein mögliches Modell.


Was nun?

Für den Herbst haben das BMBF und der Projektträger die Veröffentlichung einer Beta-Version der NBP angekündigt. Dieser Testlauf wird für alle zukünftigen Anwender*innen eine erste Möglichkeit sein, sich einen tatsächlichen Eindruck der Plattform zu verschaffen. Auch eine Evaluation der NBP ist geplant, über das Veröffentlichungsdatum ist bislang jedoch nichts bekannt.

Sollten BMBF und KMK sich allerdings über eine Zusammenarbeit in der NBP und / oder VIDIS nicht einig werden, ist zu befürchten, dass die NBP nicht mehr die zentrale Vernetzungsinfrastruktur in der deutschen Bildungslandschaft wird. Ohne Beteiligung der Länder und der Einbettung landesspezifischer Lernplattformen in die NBP fehlt schließlich ein wichtiger Teil der lebenslangen Lernbiographie: die Schule.

Aufgrund der verschiedenen aufgeführten Herausforderungen und offenen Fragen ist es für Wikimedia Deutschland wichtig, die Aufmerksamkeit für das bundesweite Bildungsprojekt NBP aufrechtzuerhalten. Die NBP hat im besten Falle das Potenzial, die deutsche Bildungslandschaft digital nach vorne zu bringen und mit vielfältigen Lernangeboten und niedrigschwelligen Vernetzungsmöglichkeiten einen echten Mehrwert für Lehrende und Lernende zu schaffen. Damit dieses Potenzial ausgeschöpft und das Projekt erfolgreich sein kann, müssen aber die langfristige Finanzierung, das Betreibermodell und die Governancestruktur geklärt, ein transparenter Umgang mit kommerziellen Inhalten geschaffen und nutzer*innenfreundliche Lösungen für die Speicherung und Weiterverwendung von persönlichen Daten gewährleistet werden.

Die Forderungen nach aktiver Einbeziehung der Zivilgesellschaft und transparenten Beteiligungsstrukturen sowohl bei der Weiterentwicklung der Plattform, der Qualitätssicherung von Inhalten und Anbietern als auch der Betreiberstruktur sind drängend und entscheiden über die demokratische Legitimierung des Projekts.

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