Die aktuellen Ernährungsgewohnheiten vieler Menschen, insbesondere in Industrieländern, beinhalten einen hohen Fleisch- und Zuckeranteil, was sowohl gesundheitliche als auch ökologische Probleme verursacht. Die Biodiversität der Erde nimmt in alarmierendem Tempo ab, wobei laut dem Global Assessment Report der Intergovernmental Science-Policy Platform on Biodiversity and Ecosystem Services (IPBES) von 2019 rund eine Million Arten vom Aussterben bedroht sind. Landwirtschaft und Landnutzung sind ein Haupttreiber dieses Verlusts, da natürliche Lebensräume für landwirtschaftliche Zwecke umgewandelt werden. Der An- und Ausbau von Monokulturen und der weltweite, umfassende Einsatz von Pestiziden und Düngemitteln tragen weiter zur Reduzierung der Artenvielfalt bei. Auch weisen verschiedene Nahrungsmittel sehr unterschiedliche ökologische Fußabdrücke auf. Fleisch, insbesondere von Wiederkäuern wie Rindern, hat einen hohen Treibhausgasausstoß und erfordert große Mengen an Wasser und Land. Im Gegensatz dazu haben pflanzliche Lebensmittel wie Obst, Gemüse, Getreide und Hülsenfrüchte einen wesentlich geringeren ökologischen Fußabdruck.
Ernährungssysteme werden durch ein komplexes Zusammenspiel sozioökonomischer, politischer, technologischer und kultureller Faktoren geformt und beeinflusst. Diese Komplexität spiegelt sich in den unterschiedlichen Bedürfnissen der verschiedenen Interessengruppen weltweit wider und erschwert oft die Koordination und Implementierung von Maßnahmen, die zur Bewältigung der genannten Herausforderungen erforderlich sind. Die Zusammenarbeit zwischen unterschiedlichen Interessengruppen wird zudem durch eine zunehmende gesellschaftliche Spaltung, den Verfall demokratischer Werte und des sozialen Zusammenhalts, öffentliches Misstrauen gegenüber wissenschaftlichen Expert*innen sowie die Kurzlebigkeit von Informationen in den Online-Medien weiter behindert oder verzögert. Die notwendige Transformation der Ernährungssysteme kann daher nur durch klare Kommunikation, Dialog, Aushandlungsprozesse und die Zusammenarbeit von Akteur*innen aus Wissenschaft, Wirtschaft, Gesellschaft und Politik gelingen. Dabei gilt: Ein Wandel des persönlichen Ernährungs- und Konsumverhaltens ist zwar wichtig, reicht aber nicht aus, um eine tiefgreifende Transformation zu erreichen, weshalb individuelle Handlungen auf der systemischen Ebene „durch politische Maßnahmen vereinfacht und beschleunigt werden müssen.“
Persönliche Entscheidungen verstehen und Handlungsbereitschaft stärken
Kommunikation und Bildung sind entscheidend, um Individuen zu motivieren und ihr Ernährungsverhalten zu ändern. Dabei gilt, dass „Personen mit einer größeren Risikowahrnehmung […] eine höhere Handlungsbereitschaft“ aufweisen. Neuere Studien legen zudem nahe, dass „die Aufklärung über die Gesundheitsrisiken auch zu einer Steigerung der generellen Handlungsbereitschaft führen kann“.
Entscheidend für den Erfolg der Kommunikationsmaßnahmen ist dabei, strategisch zu denken und die Zielgruppen der Informations- und Bildungskampagnen genau zu verstehen, um insbesondere Menschen mit einer niedrigen Handlungsbereitschaft zu adressieren.
Zugleich sollte eine
Ernährunssysteme gemeinsam gestalten
Neben linearer Kommunikation in Form von Informations- und Bildungskampagnen kann vor allem politische Partizipation einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, Gesetzesänderungen zu initiieren und so zu einer systemischen Transformation bestehender Ernährungssysteme beizutragen. Allerdings stellt die „PACE-Studie“ ernüchternd fest, dass die Wirksamkeit politischer Maßnahmen von den Teilnehmer*innen der Umfrage als gering und weniger effektiv als individueller Klimaschutz eingeschätzt wird. Dabei legen umfassende Untersuchungen gesetzgeberischer Eingriffe auf Ebene der Gesundheits-, Umwelt-, Sozial- und Bildungspolitik nahe, dass Maßnahmen wie etwa Werbeverbote, Subventionen für Bio-Lebensmittel, verständliche Labels oder Besteuerung ein hohes Wirksamkeitspotenzial besitzen und den Übergang zu einem gesunden sowie nachhaltigen Ernährungssystem in einem wesentlichen Maße bestärken können.
Durch
Organisator*innen müssen das Rad nicht neu erfinden, sondern können und sollten auf bestehenden Prinzipien und Empfehlungen für die Planung und Umsetzung partizipativer Formate wie etwa dem „Public Engagement Kodex“ der Berlin School of Public Engagement and Open Science (2023) aufbauen. Dabei ist entscheidend, dass Organisator*innen partizipativer Formate ihre eigenen expliziten und vor allem impliziten Vorurteile (
Von der Praxis lernen
Zwar existieren in Deutschland mehrere Forschungsprojekte, die sich systematisch und evidenzbasiert mit den unterschiedlichen Spielarten der Kommunikation zu Planetary Health-Themen beschäftigen – so unter anderem das „Munich Science Communication Lab“, das „SOPHEA“-Forschungscluster in Würzburg oder das Projekt „Public Engagement für Planetare Gesundheit“ am Museum für Naturkunde Berlin. Allerdings steht diese Forschung noch am Anfang. Daher lohnt sich der Blick auf innovative Best-Practice-Beispiele aus dem Ausland, die ein hohes Erfolgspotential aufweisen und als Anregung für die praktische Arbeit von Kommunikator*innen in Deutschland dienen können. Besonders erwähnenswert ist das von Marina Chang in London durchgeführte „Food Junctions Festival“, welches gemeinsam von Mitarbeiter*innen des University College London und Bürger*innen mit diversen kulturellen, ethnischen und sozioökonomischen Hintergründen entwickelt wurde. Durch diesen partizipativen Ansatz gelang es den Organisator*innen, das Community Engagement an der Schnittstelle zwischen wissenschaftlichen Einrichtungen und Stadtbevölkerung langfristig zu stärken.
Das Food Junctions Festival umfasste 60 Veranstaltungen, darunter Kunstworkshops, Diskussionen, Weinproben, Filmvorführungen, Touren, Lesungen, Aufführungen und Kunstinstallationen. Auch gemeinsames Kochen und Essen stand auf dem Programm. Laut Marina Chang gelang es durch diese vielfältigen Aktivitäten, lokalen Akteur*innen miteinander in einen konstruktiven Austausch über Essen, Teilhabe und kulturelle Identität zu bringen und so zu einer langfristigen, positiven Transformation bestehender Ernährungssysteme im Londoner Raum beizutragen.
Ein Wandel ist möglich
Während effektiven und gezielten Informations- und Bildungskampagnen eine zentrale Bedeutung zukommt, reichen diese nicht aus, um aus passiven Adressat*innen aktive Beteiligte und Veränderungsträger*innen im Transformationsprozess hin zu gesunden Ernährungsweisen und nachhaltigen Lebensmittelsystemen zu machen, denn: Ein tiefgreifender Wandel kann nur erfolgreich angestoßen werden, wenn die etablierten Beziehungen zwischen Wissenschaft, Gesellschaft, Industrie und Politik überwunden werden. An diesem Punkt setzen Dialog- und Partizipationsformate an, indem sie einen Raum für zielgerichteten Austausch und Aushandlung von Perspektiven, Wissen, Erfahrung und Werten eröffnen. Damit bilden sie einen wirkungsvollen Mechanismus nicht nur für Konfliktlösungen, sondern auch für die gemeinsame Gestaltung unserer Zukunft.