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Können Maschinen denken? Das Imitation Game von Alan Turing

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Alan Mathison Turing1950
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Können Maschinen denken? Das Imitation Game von Alan Turing

»Computing Machinery and Intelligence«

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Geschrieben von Solveig Klepper

Bei te.ma veröffentlicht 04.04.2023

te.ma DOI https://doi.org/10.57964/bs51-ef82

Geschrieben von Solveig Klepper
Bei te.ma veröffentlicht 04.04.2023
te.ma DOI https://doi.org/10.57964/bs51-ef82

Können Maschinen denken? Alan Turing stellte im Jahr 1950 diese bis heute relevante und ungeklärte Frage. Er reformulierte sie in Form eines Spiels, das er Imitation Game nannte. Dessen Vereinfachung ist bis heute unter dem Namen Turing-Test bekannt und soll zwischen Mensch und Maschine differenzieren.

Als Mathematiker und Logiker ist für Turing offensichtlich, dass die Frage, ob Maschinen denken können, unpräzise ist, weil die Begriffe „Maschine“ und „Denken“ nicht eindeutig definiert werden können. Entsprechend gibt es darauf keine akkurate Antwort. Turings Lösung: Er ersetzt die eigentliche Frage durch das von ihm so genannte Imitation Game.

Das Spiel wird von drei Parteien mit unterschiedlichen Zielen gespielt: einer Person beliebigen Geschlechts, einem Mann und einer Frau. Die Aufgabe der ersten Partei beliebigen Geschlechts besteht darin, die verbleibenden zwei Personen, ohne sie zu sehen, zu befragen und basierend auf den Antworten zu entscheiden, wer der Mann und wer die Frau ist. Die zweite Partei soll z.B. der Mann sein und im Interesse des Fragestellers antworten – diesen also bei der Feststellung der Wahrheit bestmöglich unterstützen. Die letzte Partei soll z.B. von einer Frau besetzt werden, deren Ziel es ist, den Fragesteller zu einer falschen Schlussfolgerung zu bringen.

Turing reformuliert seine ursprüngliche Frage, ob Maschinen denken können, als seiner Einschätzung nach äquivalente Frage auf Basis des Spiels: „Was passiert, wenn eine Maschine die Rolle der letzten Partei übernimmt?“ Wird ein Fragesteller genau so oft falsch liegen, wie wenn das Spiel von Mann und Frau gespielt wird?

Er geht davon aus, dass diese Frage genutzt werden kann, um festzustellen, ob eine Maschine dem Menschen vergleichbar denkfähig ist, ohne eine Begriffsdefinition von Denken geben zu müssen. Die beste Strategie für die Maschine, das Spiel zu gewinnen, ist eine möglichst gute Imitation des Menschen; sie muss Antworten geben, die ein Mensch geben würde. Auch wenn Turing auf diese Weise eine Definition des Begriffs Denken umgeht, so scheint er doch gewisse Fähigkeiten damit in Verbindung zu bringen, wie etwa die Fähigkeit, jemanden zu täuschen oder sich in eine Person hineinzuversetzen.

Turing glaubte Anfang der 50er Jahre, dass etwa um die Jahrtausendwende Computer existieren würden, die eine Speicherkapazität von mehr als 109 bit (125 MB) haben und das Imitation Game gewinnen können. Denn je größer die Speicherkapazität ist, desto mehr Regeln können gespeichert werden und desto mächtiger ist eine solche Maschine. Turing nahm an, dass 109 bit ausreichen, um den Verstand eines Menschen in Form von Regeln so gut abzubilden, dass eine nach diesem Prinzip programmierte Maschine einen Fragesteller nach jeweils fünf Minuten Befragungszeit in mehr als 70% der Spiele täuschen kann.

Die Originalfrage des Imitation Game wird heute selten diskutiert. Ihre vereinfachte Version trägt den Namen Turing-Test und stellt fest, ob ein Fragesteller entscheiden kann, ob seine Fragen von einem Menschen oder einer Maschine beantwortet werden. Die Komponente des Gegenspielers geht hierbei verloren, vereinfacht jedoch die Umsetzung in der Praxis. Obwohl Turing in seiner ursprünglichen Schätzung die Kapazität eines Computers im Jahr 2000 um mehr als das 100-fache unterschätzt hat und heute jeder mit einem modernen Smartphone mehr Speicherkapazität in der Hosentasche trägt, hat bisher noch kein Computer den Turing-Test bestanden.

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Nach Turing ist ein Computer eine Maschine, die programmiert ist, bestimmte Regeln zu befolgen. Diese Regeln können simple Anweisungen sein: „Addiere A und B und speichere das Ergebnis in X“, oder bedingte Anweisungen: „Wenn Fall A eintritt, dann führe Regel B aus“, oder auch Zufallskomponenten haben: „Wirf einen Würfel und speichere das Ergebnis an Stelle X“. Eine Regel kann auch bedeuten, eine existierende Regel zu verändern oder eine neue Regel aufzustellen. Regeln sowie Ergebnisse müssen hierbei gespeichert werden.

Diskussionen
3 Kommentare
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Total 2

Tolles Grundlagen-Intro zum Turing-Test und besonders zu seiner ursprünglichen Form, dem Imitation Game ganz ohne Maschine.

Wie kann man dieses Wissen nun in Bezug zu Nachhaltigkeit setzen?
Die Frage “Können Maschinen denken?“ ließ mich direkt an die soziale Säule der Nachhaltigkeit denken.
Falls wir die Frage irgendwann mit “Ja” beantworten könn(t)en, werden dann viele soziale Nachhaltigkeitsprobleme nicht nur bei uns Menschen, sondern auch bei KI-Anwendungen auftreten? Lassen sich dann soziale Nachhaltigkeitsziele genauso für KI-Anwendungen formulieren wie für Menschen? Wie (sozial) ähnlich werden sich Mensch und Maschine sein?

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Ich frage mich, ob die Aussage, dass bisher keine Maschine den Turing-Test bestanden hat, noch so einfach treffbar ist. Immerhin werden in vielen Bereichen Chatbots benutzt und wer weiß, wie viele davon zumindest temporär unbemerkt bleiben. Solange man sozusagen nicht weiß, dass man sich gerade in einem Turing-Test Szenario befindet und speziell auf Anomalien achtet bzw. In seine Verhalten versucht, Fehler zu erzeugen, kann ich mir gut vorstellen, dass der Turing-Test “in der Wildnis”schon häufiger bestanden wurde, was ich persönlich beeindruckend und beunruhigend genug finde.

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Ein spanndender Text und vorallem auch ein Thema, das in Bezug auf KI wahrscheinlich nicht mehr fehlen darf.

Ich finde aber persönlich, dass der Turing-Test nicht benutzt werden darf die Frage nach der denkfähigkeit vom Maschinen zu beantworten.

Selbst wenn ein Chatbot oder ein anderes System es schaffen sollte (und vielleicht auch schon tut) das “Imitation Game” zu gewinnen, so würde ich daraus nicht unbedingt ableiten, dass die Machine dann danken kann. Durch die große Menge an verfügbaren hat es die Maschine viel mehr geschafft zu lernen einen Menschen zu imitieren.

Für mich ist damit aber noch nicht die Frage nach Denken und Intelligenz beantwortet.

Es wäre spannend die Idee des Turing Tests weiter zu denken und auf unsere heutigen gegebenheiten anzupassen.

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