Zu Beginn seines dreiteiligen Vortrags erinnert Kautz an bereits vergangene Hochphasen der KI-Forschung. Die Geschichte der künstlichen Intelligenz teilt er dabei in drei Sommer und zwei Winter auf.
Den ersten KI-Sommer (1948-1966) beschreibt Kautz als irrationalen Überschwang: Nach der Erfindung des Computers im Jahr 1948 habe die Wissenschaft zum ersten Mal versucht, künstlich intelligentes Verhalten zu programmieren. Dabei wurden Symbole wie Schrift, Zahlen oder Sensordaten in einen Computer eingegeben, mittels vordefinierter
Als zerbrochene Träume bezeichnet er den ersten KI-Winter (1967-1977): Zahlreiche überoptimistische Vorhersagen hätten sich als unhaltbar erwiesen. Die Algorithmen versagten etwa kläglich bei der Spracherkennung, was die Branche den finanzstarken Investor
Dem zweiten KI-Sommer (1978-1987) gibt Kautz die Überschrift Wissen ist Macht: Eine Fokusverlagerung auf
Der zweite KI-Winter (1988-2011) sei Kautz zufolge derjenige der missachteten Wissenschaft gewesen: Als sich die wissensbasierten Expertensysteme als kostspielig in der Wartung erwiesen hätten, sei eine erneute Abkehr von der visionären Technologie erfolgt. Die zweite Winterpause währte mit 23 Jahren mehr als doppelt so lang wie die erste. Schließlich wurde sie durch eine Revolution in der Bildverarbeitung beendet.
Als Deep Learning betitelt er schließlich den dritten KI-Sommer (2012-?): Das andauernde Zeitalter des
Im Anschluss an seine Aufteilung der Geschichte der KI in drei Sommer und zwei Winter stellt sich Henry A. Kautz die Frage, ob es wohl einen dritten Winter geben wird. Er ist in diesem Punkt deutlich: Nein. Seine Begründung: „Sie (die KI) funktioniert einfach. Obwohl sie grundverschieden von der menschlichen Intelligenz ist, kann die heutige KI leistungsstarke Anwendungen zum Guten oder zum Bösen vorantreiben.“
Kautz meldet bezüglich der heutigen KI-Algorithmen allerdings auch Bedenken an. So mahnt er etwa vor Fake Friends, also davor, dass sich KI-Systeme auf sozialen Medien als falsche Freunde ausgeben. Durch die permanente digitale Verfügbarkeit sieht er außerdem die Gefahr des Verlusts von Privatsphäre und warnt vor einem autonomen Abbau von Erdressourcen, speziell auf Ozeanböden.
Den dritten Teil seines Vortrags widmet Kautz schließlich seiner persönlichen KI-Vision. Dabei spricht er sich für eine Kombination aus symbolischen (erster Sommer) und neuronalen Systemen (zweiter Sommer) aus und skizziert damit eine dem menschlichen Denken überlegene Superintelligenz. Ob eine solche Superintelligenz allerdings erstrebenswert ist, lässt sich debattieren.
Aus Kautz’ historischem Überblick lässt sich festhalten: Konzeptuell existierte ein Großteil der heutigen KI-Algorithmen und Lernverfahren bereits im letzten Jahrhundert. Neu im fortbestehenden dritten KI-Sommer sind hingegen die schieren Datenmengen im Verbund mit nie dagewesenen Rechenkapazitäten. Erst durch diese Errungenschaften konnten KI-Systeme die Funktionalität erreichen, die ihnen heute einen festen Platz in unserer Gesellschaft sichert.