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Mich würde mal interessieren, was Juristen dazu sagen, und zwar insbesondere Rechtstheoretiker. Was ein Recht überhaupt ist und wie es funktioniert, ist ja alles andere als einfach zu bestimmen – siehe die jahrhundertelange Debatte zwischen “Naturrechtlern” (im Sinne von “aus der Realität ableitbaren Rechten”) und Theorien des “positiven Rechts” (vom Menschen gesetztes, konstruiertes Recht). Und zu jedem Recht gehört auf seiner “Rückseite” auch eine Pflicht, die nur dann Sinn ergibt, wenn sie erfüllbar ist. Ich kann also so viel ich will deklarieren, dass ein Fluss, sagen wir der Rhein, ein Recht hat – er wird es nicht haben, wenn sich die damit verbundenen Pflichten (renaturieren? für Schiffahrt nutzen? etc.) nicht definieren und durchsetzen lassen.
Die meisten Beiträge in der “Rechte der Natur”-Debatte scheinen mir von Ethikern und Ökologen zu kommen. Die haben aber einen bestimmten Blick auf die Dinge und sehen vielleicht die fundamentalen Problem mit ihrem Rechtskonzept gar nicht. Daher ist meine Frage: Gibt es auch Stimmen aus der juristischen Rechtstheorie zu all dem?
Danke für den tollen Kommentar! Meines Erachtens nach gibt es sogar mehr juristische, als ethische Perspektiven zum Thema. ‘Reine’ Philosophen behandeln das Thema nur am Rande (ich komme aus der Politiktheoretischen Ecke). Eine Ausnahme bildet Matthias Kramm (https://www.matthiaskramm.com/). Juristische Rechtstheorie betreibt zum Beispiel Visa Kurki (https://visakurki.net/).
Danke, Visa Kurki schaue ich mir einmal an. Aber was die Disziplinen angeht, habe ich einen völlig anderen Eindruck. Schon der Ausgangspunkt der Tierrechts-Debatte war ja ein philosophischer, nicht ein juristischer (Peter Singer, Animal Liberation in den 1970ern). Und auch da ist es eine ganz spezifische philosophische Schule / Strömung, von der diese Konzepte ausgehen (Utilitarismus, Leidensfähigkeit als Hauptkriterium). Und auch heute arbeiten zahlreiche Philosophen zu dem Thema (spontan kommt mir Markus Wild von der Uni Basel in den Sinn, als ein Beispiel unter vielen).
Ich bin über die Details der Debatte nicht auf dem Laufenden, aber so wie ich sie wahrnehme, stützt sie sich auf eine Interessentheorie der Rechte (alles, was Interessen hat, kann auch Rechte haben), was aber rechtstheoretisch sicherlich zu einseitig / unvollständig ist.
Vielleicht würde mich ein tieferes Einsteigen in die Debatte davon überzeugen, dass es sinnvoll wäre, Rechte der Natur einzuführen, aber derzeit überwiegt bei mir der Verdacht, dass das Konzept des Rechts da – in sehr guter Absicht natürlich – überstreckt und damit letztlich geschwächt wird. Es gibt ja auch in anderen Bereichen die Tendenz zur “Verrechtlichung / Juridification” von Normen, etwa in den Internationalen Beziehungen, und entsprechende Kritik daran.
Mir scheint die Schutzwürdigkeit von Lebewesen / Naturphänomenen augenfällig, dagegen will ich gar nichts einwenden. Ich denke nur (bisher, derzeit), dass sich dieser Schutz besser durchsetzen lässt, indem wir rechtliche Regeln für den Umgang mit der Mit-Natur formulieren, als wenn wir den Begriff des Rechtssubjekts so überspannen. Bin gespannt, wie die Entwicklung weitergeht.