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Die UN-Nachhaltigkeitsziele: Chancen oder nur große Worte?

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Die UN-Nachhaltigkeitsziele: Chancen oder nur große Worte?

»Die UN-Nachhaltigkeitsziele«

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Geschrieben von Solveig Klepper

Bei te.ma veröffentlicht 24.05.2023

Geschrieben von Solveig Klepper
Bei te.ma veröffentlicht 24.05.2023

Gutes Leben für alle Menschen auf der Welt, jetzt und immer. Aber was heißt gutes Leben und wie kann man das messen? Die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen bilden einen Minimalkonsens der 193 Mitgliedstaaten. Zwar schaffen sie wichtige Richtlinien für eine nachhaltige Entwicklung, gehen aber auch mit einer Vielzahl von Problemen einher. 

Am 15. September 2015 verabschiedete die UN-Generalversammlung die Sustainable Development Goals (SDGs). 193 Mitgliedstaaten unterzeichneten die Vereinbarung, mehr als zwei Drittel davon waren Entwicklungsländer. Alle beteiligten Staaten verpflichteten sich dadurch, einen eigenen Aktionsplan zu entwickeln und somit festzulegen, wie die Ziele im eigenen Land bis 2030 erreicht werden sollen. 

Die Ziele formulieren die großen sozialen, ökologischen und ökonomischen Herausforderungen unserer Zeit und zeigen auf, dass Nachhaltigkeit viel mehr als nur Umweltschutz bedeutet. Nur drei der 17 Ziele beschäftigen sich direkt mit Umweltfragen: Maßnahmen zum Klimaschutz, Leben unter Wasser und Leben an Land. Ein größerer Teil lässt sich wirtschaftlicher Nachhaltigkeit zuordnen: menschenwürdige Arbeit, weniger Ungleichheiten und nachhaltiger Konsum. Die meisten Ziele konzentrieren sich auf soziale Aspekte der Nachhaltigkeit und ein gutes gesellschaftliches Zusammenleben. Hierbei spielen die Bekämpfung von Armut und Hunger sowie hochwertige Bildung und Geschlechtergleichheit wichtige Rollen neben Zielen wie Gesundheit und Frieden. Sie betonen außerdem, dass in Bezug auf Nachhaltigkeit alle Staaten noch Defizite haben und somit Entwicklungsländer sind, Deutschland unter anderem in den Bereichen Altersarmut und Gleichberechtigung.

Die 17 globalen Ziele für nachhaltige Entwicklung bis 2030.

Vor allem in der Wirtschaft ist der Effekt der SDGs gut zu beobachten. Fast jedes Unternehmen schreibt sich inzwischen Nachhaltigkeit auf die Fahne. Dadurch zeigt sich allerdings auch, dass die SDGs schnell als Branding missbraucht werden können. Mindestens eines der 17 Ziele wird man schon finden und sogar damit werben können.1 Das Thema ist Trend und so können nachhaltig produzierte Produkte sogar deutlich über Wert verkauft werden. Man zahlt die Marke Nachhaltigkeit mit. Für den Konsumenten bleibt oft trotz des Verweises auf die SDGs unklar, wie man den Wert und die Nachhaltigkeit eines Produktes messen und welchen Argumenten man vertrauen kann. Nur weil SDG drauf steht, ist nicht unbedingt Nachhaltigkeit drin.

Auch durch die Zerlegung der Nachhaltigkeitsziele in viele kleine Teilziele entsteht ein Problem. Wie schon beim 3-Säulen-Modell wird schnell argumentiert, dass ohnehin nicht alle Ziele gleichzeitig erreicht werden können, da zwischen ihnen Konflikte bestehen.2 Beispielsweise stehe die Wasserkraft als klimaneutrale Energiequelle in Konflikt mit Ziel sechs, sauberem Wasser und Sanitäreinrichtungen. Durch die Reduzierung der Fließgeschwindigkeit von Flüssen und die Tatsache, dass sich langsame und stehende Gewässer schneller erwärmen, wird zum Beispiel das Wachstum von giftigen Algen begünstigt, was die Wasserqualität beeinflussen kann. Staudämme und Umleitungen können außerdem zu Wasserknappheit führen. Dadurch steht Wasserkraft auch direkt in Konflikt mit den Zielen 14 und 15, dem Leben unter Wasser bzw. an Land. Als weiteres Beispiel konkurriert der Anbau von Nutzpflanzen für Biokraftstoffe mit der Flächennutzung für die Produktion von Nahrungsmitteln. Die Frage drängt sich auf, ob Wasserkraft nun nachhaltig ist oder nicht und wer die Abwägungen trifft.

Durch diese Zielkonflikte steigt auch die Gefahr von Greenwashing, nach dem Motto: Unsere Hose wird zwar während ihrer Entstehung einmal um die Welt geflogen, aber dafür produzieren wir Kleidung aus natürlich nachwachsenden Ressourcen unter guten Arbeitsbedingungen. Erneut stellt sich die Frage, ist das Produkt nun nachhaltig und wer gibt den Maßstab für die unterschiedlichen Ziele an?

Durch die Problematik der Messbarkeit sind die Auswirkungen der SDGs auf die Umwelt und Gesellschaft unklar. Beispielsweise wurde bislang keines der acht Millennium Development Goals (MDGs) erreicht. Viele davon wurden daher erneut in die SDGs mit aufgenommen und teilweise erweitert. Aber heißt das, die MDGs hatten keine Auswirkungen? Bei vielen der MDGs sind wir dem Ziel mit der Zeit näher gekommen.3 Manche Aspekte der Ziele sind messbar und die UN versucht durch statistische Auswertungen einen Maßstab zu schaffen und die Ziele konkret zu quantifizieren. Auf der Webseite https://unstats.un.org/sdgs kann man sich zum Beispiel den Verlauf der Müttersterblichkeitsrate oder den Anteil von Grundschulen mit Zugang zu Elektrizität in den letzten Jahren anschauen. 

Obwohl die Einhaltung der Ziele nicht verpflichtend ist, richtet sich das politische Handeln vieler Regierungen und Unternehmen inzwischen nach den SDGs. Diese zeigen die Relevanz und die Vielschichtigkeit nachhaltiger Entwicklung auf und schaffen wichtige – wenn auch nicht ganz klare – Richtlinien. So wird das Fehlverhalten von Politik und Wirtschaft sichtbarer und auch im Positiven kann die Erreichung der Ziele besser eingestuft werden. 

Fußnoten
3

 Eine große Sportmesse in München beispielsweise wirbt wie folgt mit den Zielen der SDGs: „[G]anz offensichtlich trägt Sport zum Erlangen von Ziel drei bei, ‚Ein gesundes Leben gewährleisten und das Wohlbefinden aller Menschen in jedem Alter fördern‘. Schließlich wurde körperliche Inaktivität von der Weltgesundheitsorganisation als viertgrößter Risikofaktor für erhöhte Sterblichkeit auf der ganzen Welt identifiziert.“

Vgl. Christiane Beuermann et al.: Rundum nachhaltig: Synergien und Zielkonflikte von Klimazielen und den SDGs. Berlin 2020; Viktoria Spaiser et al.: The sustainable development oxymoron: quantifying and modelling the incompatibility of sustainable development goals. In: International Journal of Sustainable Development & World Ecology. Band 24, Nr. 6, 2017, S. 457-47; SDG Climate Action Nexus tool (SCAN-tool). Ambition to Action, abgerufen am 22. Mai 2023.

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Das 3-Säulen-Modell oder auch „Die drei Säulen der Nachhaltigkeit“ sind ein Modell, das Nachhaltigkeit in die Bereiche Ökonomie, Ökologie und Soziales unterteilt. Die drei Bereiche und das Verhältnis, in dem sie zueinander stehen, werden erstmals im Abschlussbericht der Enquete-Kommission „Schutz des Menschen und der Umwelt - Ziele und Rahmenbedingungen einer nachhaltig zukunftsverträglichen Entwicklung“ von 1998 ausformuliert.

PR-oder Marketing-Maßnahmen eines Unternehmens, die es fälschlicherweise als nachhaltig und umweltfreundlich darstellen.

Die Millenium Development Goals (MDGs; auf Deutsch ‚Millenniums-Entwicklungsziele‘) der Vereinten Nationen waren acht Entwicklungsziele, die im Jahr 2000 formuliert worden waren. Sie wurden im Jahr 2015  durch die 17 Sustainable Development Goals (SDGs) abgelöst. (https://www.un-kampagne.de/fileadmin/downloads/erklaerung/millenniumerklaerung.pdf)

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2 Kommentare
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Jun 07, 2023 23:54
Total 1

Da die UN-Nachhaltigkeitsziele nicht rechtlich bindend sind, erscheinen diese Ziele wie ein “nice-to-have”, aber konkrete Schritte zur Zielerreichung werden nicht unternommen. Daher verwundert es mich nicht, dass diese Ziele gerne als Branding missbraucht werden.

Ich würde mir aber wünschen, dass diese Ziele noch mehr in unserer Gesellschaft ankommen, dass diese Ziele zu “unseren” Zielen werden und nicht nur Politiker- und Diplomaten-Ziele. Für mich ist hier wichtig, noch mehr das “warum” zu kommunizieren: Warum ist uns wichtig, Leben an Land und im Wasser zu erhalten, warum ist uns nachhaltiger Konsum und nachhaltige Produktion wichtig…? Ich glaube, wenn das “warum” auch in der Gesellschaft klar ist, fällt das “wie” viel leichter.

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Die UN-Nachhaltigkeitsziele sind ein guter Anfang, um die Welt nachhaltiger zu gestalten. Eine aussagekräftige Einschätzung, ob ein Unternehmen wirklich nachhaltig ist, aufgrund eines Zertifikates, bezweifle ich jedoch stark, da, wie oben beschrieben, ein Zertifikat in einem bestimmten Bereich wenig über die allgemeine Nachhaltigkeits-Bilanz des Unternehmens aussagt. Konsumierenden Personen sollte durch die Zertifikate eine einfachere Einschätzung des Unternehmens gewährleistet werden, da dies aus vorangehendem Punkt jedoch schwierig ist, bleibt die Einschätzung zu einem Großteil wieder auf Seiten der konsumierenden Personen. Vielleicht wäre eine andere Herangehensweise zielführender. Z.B. könnte ein Unternehmen in seiner Gesamtheit bewertet werden, wobei auch bei diesem Verfahren natürlich andere Probleme auftreten.

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