Es begann in einem hohlen Baum
2014 brach in Westafrika eine Ebola-Epidemie aus, der über 11.000 Menschen zum Opfer fielen. Eine Rekonstruktion der Infektionskette ergab, dass der erste Patient ein zweijähriges Kind gewesen war, das sich höchstwahrscheinlich beim Spielen in einem hohlen Baum mit dem Ebola-Virus angesteckt hatte. In dem Baum lebte eine Fledermausart, die im Rahmen der Untersuchungen erstmals als natürliche Träger der tödlichen Viren identifiziert werden konnte. Die Verbreitung von Ebola in West- und Zentralafrika wird durch die fortlaufende Zerstörung der Natur beschleunigt. So konnte eine Studie aus dem Jahr 2017 zeigen, dass Ebola-Ausbrüche gehäuft dort auftreten, wo zuvor großflächige Waldrodungen stattfanden. Denn durch die Zerstörung ihres natürlichen Lebensraums rücken Tiere immer näher an menschliche Siedlungen heran.
Ob Ebola, Malaria, HIV/AIDS, Covid-19 oder Affenpocken: Alle diese Krankheiten sind Beispiele für Zoonosen, also Infektionskrankheiten, die von Tieren auf Menschen überspringen können oder umgekehrt. Tatsächlich haben 60 Prozent der bekannten menschlichen Infektionskrankheiten einen tierischen Ursprung und 75 Prozent der neu auftretenden Infektionskrankheiten des Menschen sind Zoonosen, Tendenz steigend.
Wie entstehen Zoonosen?
Nicht nur Wildtiere, sondern auch domestizierte Tiere wie insbesondere Nutztiere waren an aktuellen oder vergangenen Fällen von zoonotischen Krankheitsausbrüchen wie der Schweinegrippe beteiligt, da hier ein besonders intensiver Kontakt zwischen Mensch und Tier besteht. Das Grundprinzip (siehe Abb. 1) ist dabei immer das gleiche: Krankheitserreger wie Viren oder Parasiten zirkulieren zunächst innerhalb einer oder mehrerer Tierarten (wild oder domestiziert). Man sagt, dass die Erreger in diesen
Wie verschärft der Klimawandel das Problem?
Zoonosen gab es wahrscheinlich schon immer. Neu ist das gehäufte Auftreten und dass Krankheitserreger sowie deren tierische Überträger (
Viele Zoonosen werden von Stechmücken als Vektoren übertragen. Auch deren globale und lokale Verbreitung wird sowohl durch den Klimawandel als auch durch vom Menschen verursachte Störungen des ökologischen Gleichgewichts beeinflusst, wie die folgenden Beispiele zeigen.
In Floridas Feuchtgebieten können außergewöhnliche Dürre und Trockenheit zu einem massenhaften Auftreten von Stechmücken führen, da sich durch die reduzierte Wassertiefe Fische als natürliche Fressfeinde der Mückenlarven nicht mehr vermehren können.
Ein Beispiel dafür, wie menschliche Eingriffe in sensible Ökosysteme das Infektionsrisiko steigern, zeigt sich im Hochland von Bélize an der Ostküste Mittelamerikas, wo Farmer mineralischen Dünger auf ihren Feldern ausbringen. Die darin enthaltenen Phosphate werden vom Regen ausgeschwemmt und wandern über Flüsse in die tiefer gelegenen Küstenregionen des Landes. Hier verursacht der übermäßige Nährstoffeintrag in den Flussdeltas eine Überwucherung mit Schilfgras, welches als Brutstätte für die Larven einer ganz bestimmten Stechmückenart (Anopheles vestitipennis) dient. Da diese sich bevorzugt in Innenräumen aufhält und eher an Menschen als an Tieren saugt, ist sie jedoch ein effizienterer Malariaüberträger als andere Arten (wie z.B. Anopheles albimanus), mit denen sie normalerweise um Lebensraum konkurriert.
Um die komplexen Zusammenhänge hinter der Entstehung von Zoonosen in ihrer Gänze zu verstehen, muss daher die Verteilung der Wirte (Menschen oder Tiere), der Erreger (z.B. Viren), aber auch der Vektoren (z.B. Stechmücken) betrachtet werden.
Wie können wir das Auftreten neuer Zoonosen verhindern?
Zoonotische Krankheiten lassen sich nicht gänzlich verhindern. Solange wir mit und um Tiere herum leben, wird es zu Übertragungen kommen. Doch wir können das Risiko für neue Zoonosen minimieren. Dazu müssen wir die Kontaktflächen zwischen Menschen und Tieren möglichst klein halten, indem wir Wildtieren ihren Lebensraum zurückgeben, uns von der Massentierhaltung abwenden und unseren Konsum von Fleisch und anderen tierischen Produkten reduzieren. Ein wichtiges Instrument in der Erforschung und Bekämpfung von Zoonosen bildet das One-Health-Konzept, ein parallel zur planetaren Gesundheit (planetary health) entstandenes Forschungsfeld, welches eine gemeinsame Betrachtung tierischer und menschlicher Gesundheit beinhaltet. One Health versucht die Epidemiologie einer (zoonotischen) Infektionskrankheit von den ursprünglichen Reservoirs über Zwischenwirte bis hin zum Menschen zu verstehen. Keesing und Ostfeld betonen, dass sich künftige Studien auf die Sammlung und Analyse von Daten über die biologische Vielfalt, die Populationsgrößen und die Übertragungsfähigkeit jener Tierarten konzentrieren sollten, die erwiesenermaßen zoonotische Krankheitserreger in sich tragen. Um künftige Epidemien vorhersagen und verhindern zu können, sollte sich die Forschung auch damit beschäftigen, wie sich diese Messgrößen durch menschliche Eingriffe in die Umwelt verändern und wie wir durch unser Verhalten negative Effekte abschwächen können. Die Wiederherstellung der biologischen Vielfalt in geschädigten Ökosystemen könnte dabei ein wichtiger Ansatzpunkt sein, um das Risiko neuer Zoonosen zu verringern.