Eine Politik zum Schutz der Umwelt institutionalisierte sich in den meisten Demokratien spätestens in den 1980er Jahren: Neu geschaffene Umweltministerien waren die politische Antwort auf ganz unterschiedliche ökologische Probleme wie das Waldsterben oder die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl. In Deutschland prägte der CDU-Umweltminister
Sehr früh war auch das politische Bewusstsein für die Tatsache erkennbar, dass die meisten Umweltprobleme nicht an nationalen Grenzen stoppen. Ein regionales Beispiel dafür ist die Verabschiedung der „Helsinki Convention“ zum Schutz der Ostsee 1974 und die Schaffung der HELCOM („Helsinki Commission“). Die Erkenntnis, dass sich das vulnerable Ökosystem Ostsee nur schützen lässt, indem alle
Allen etablierten Institutionen und globalen Abkommen zum Schutz der Umwelt zum Trotz – wir sind in das Zeitalter des Anthropozäns gerutscht. Die naturwissenschaftlichen Befunde sind eindeutig und mit dem Konzept der planetaren Belastungsgrenzen kraftvoll kommuniziert: Es muss politisch mehr getan werden, um einen sicheren Handlungs- und Lebensraum für die Menschheit zu gewährleisten. Doch welche Politik kann helfen, global, auf nationaler Ebene oder in der Kommune? Das Konzept der planetaren Grenzen bleibt hier bewusst offen – es ist Aufgabe der Politik, festzulegen, wie wir als Menschheit im sicheren Handlungsspielraum manövrieren, und diesen nachhaltig zu sichern.
Ist Demokratie die richtige Staatsform?
Zunächst ist mit Blick auf die Diskrepanz zwischen den geschaffenen Institutionen und den zu messenden Erfolgen die grundsätzliche Frage offenkundig, inwieweit Demokratien überhaupt in der Lage sind, die Menschheit innerhalb des sicheren Handlungsrahmens zu halten. Stehen regelmäßige Wahlperioden langfristigen und nachhaltigen Lösungen im Wege? Können Demokratien adäquat naturwissenschaftliche Befunde berücksichtigen oder behindern Partikularinteressen und Lobbying den Wissenschaftstransfer in die Politik? Werden in demokratischen Systemen Interessen von Menschen außerhalb des Systems – etwa in anderen Weltregionen oder zukünftigen Generationen – angemessen repräsentiert?
Drei Bündel an Argumenten sprechen für die Demokratie:
Demokratie stärken – doch in welche Richtung?
Ein erster „Richtungsstreit“ zeigt sich auf der Ebene grundsätzlicher Überlegungen zum Wesen der Demokratie und zur Struktur des demokratischen Diskurses. Eine Reihe von politikwissenschaftlichen Überlegungen zur Demokratie innerhalb der planetaren Grenzen setzt auf das normative Ideal einer
Zweitens wird in der Wissenschaft diskutiert, ob mit Blick auf die konkreten inhaltlichen Maßnahmen vorrangig ökonomische Instrumente wie z.B. die Besteuerung von Ressourcenverbräuchen angewendet werden sollten oder ob die Einhaltung planetarer Grenzen nur mit der Abkehr vom Ziel des Wirtschaftswachstums, damit aber auch mit der Abkehr von Instrumenten aus dem kapitalistischen Wirtschaftssystem funktionieren kann.
Die Gefahr einer „Expertokratie“
Auf eine grundsätzliche Herausforderung sei abschließend noch verwiesen. Unabhängig von der normativen Frage, inwieweit die Demokratie die richtige Staatsform für die Einhaltung der planetaren Belastungsgrenzen ist, stellt sich die Frage, inwieweit die Naturwissenschaft mit dem Konzept der planetaren Grenzen trotz aller politischen Zurückhaltung nicht doch automatisch demokratische Spielräume beschneidet. Ein Beispiel: Der naturwissenschaftliche Nachweis der Überlastung der planetaren Grenze der Stickstoffeinträge engt verschiedene agrarpolitische Optionen zur Aufrechterhaltung der Nahrungsmittelsicherheit ein, wenn diese die diffusen Einträge von Stickstoff in die biochemischen Kreisläufe erhöhen. Gegen den „naturwissenschaftlichen Determinismus“ setzen Jonathan Pickering und Åsa Persson ein „iteratives Modell“ des gleichberechtigten Dialogs von Naturwissenschaft, Sozialwissenschaft und Gesellschaft.
Zusammenfassend zeigt sich, dass die Politikwissenschaft keine einheitlich klare Richtung für notwendige politische Reformen zur Einhaltung der planetaren Belastungsgrenzen vorgeben kann. Sie kann jedoch den politischen Diskurs zu diesen Reformen mitgestalten und bietet zudem eine ganze Reihe an institutionellen Innovationen, wie die deliberativen „Mini-Publics“, die praktisch erprobt und auf viele unterschiedliche Anwendungsfelder ausgeweitet werden können.