Ein Kernmerkmal der sich aktuell entwickelnden digital geprägten und vernetzten Gesellschaft ist, wie Henry Jenkins es nennt, eine Partizipationskultur
Petra Anders beschreibt in ihrem Aufsatz zunächst die konkreten Veränderungen von Literalität und Literatur als kultureller Praxis und ordnet diese in den Forschungskontext ein. Das Schreiben im Analogen ist ein sehr individueller Prozess, der linear und vor allem auf die Textproduktion ausgerichtet sei. Bezüge zu anderen werden in Form von Zitaten hergestellt, eine einfache Weiterbearbeitung vorhandener Texte ist nicht ohne Weiteres möglich. In und mit digital-vernetzten Medien verändert sich der Prozess der kreativen Entwicklung und Veröffentlichung von sprachlich-medialen Artefakten: es entstehen neue Autorenkonzepte, neue Möglichkeiten zur (Mit-)Gestaltung, neue Formen der Literalität, neue Darstellungs- und Erzählformen, neue Erzählstrukturen. Bisherige deutschdidaktische Konzepte zielen, so Anders, aus einer fachlichen Sicht vor allem auf Schreiben, Lesen und das mündliche Erzählen ab. Um sich jedoch in einer digital-vernetzten Welt kompetent bewegen und artikulieren zu können, müssten Kinder und Jugendliche zusätzlich „die kooperative Produktion und Rezeption von vielgestaltigen, multimodalen Texten“ lernen.
„Strong support for creating and sharing one’s creations with others“
Insbesondere für (angehende) Deutschlehrer:innen ist der Beitrag von Petra Anders relevant, da sie nicht nur verdeutlicht, wie sich die Deutschdidaktik sowie die Curricula und Rahmenlehrpläne verändern sollten. Anders entwickelt auch konkrete Ideen, wie die aktuellen Veränderungen und Herausforderungen im Deutschunterricht in der Grundschule bearbeitet werden können. Am Beispiel der visuellen Programmiersprache Scratch, die über eine auf Kooperation und Teamarbeit ausgerichtete Plattform genutzt werden kann, gibt sie konkrete Anstöße für die Entwicklung von Unterrichtskonzepten, in denen Schüler:innen das kooperative Gestalten und Erzählen mit digitalen Tools üben können.
Die Herausforderung, die aktuellen schulischen Lehr-Lernangebote didaktisch und fachlich zu überarbeiten, stellt sich nicht nur im Deutschunterricht und auch nicht nur für die Grundschule. Der analytische Blick auf die kulturellen Veränderungen, den Petra Anders ihren konkreten deutschdidaktischen Vorschlägen zur Weiterentwicklung zugrunde legt, lässt sich auf andere Fächer übertragen und kann als Impuls für die digitale Transformation von Schule und Unterricht insgesamt betrachtet werden.
Der Aufsatz ist Teil eines Sammelbandes zu digitalem Lernen in der Grundschule. Mit freundlicher Genehmigung der Autorin erscheint er bei te.ma im offenen Zugang.