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Christina Schwalbe stellt vor:

Lehren und Lernen mit digitalen Medien. Eine Standortbestimmung

Re-Paper

Lehren und Lernen mit digitalen Medien. Eine Standortbestimmung

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Geschrieben von Christina Schwalbe

Bei te.ma veröffentlicht 27.01.2023

te.ma DOI https://te.ma/art/4v3gb7/scheiter-lehren-lernen-digitale-medien/

Geschrieben von Christina Schwalbe
Bei te.ma veröffentlicht 27.01.2023
te.ma DOI https://te.ma/art/4v3gb7/scheiter-lehren-lernen-digitale-medien/

Die digitale Transformation der Gesellschaft und damit die Notwendigkeit zur Transformation des Bildungssystems erfordern sowohl die Beschäftigung mit veränderten Lern- und Bildungszielen als auch die forschungsbasierte Entwicklung qualitativ hochwertiger Unterrichtskonzepte. Katharina Scheiter widmet sich der Frage, wie Lehr- und Lernprozesse mit digitalen Medien positiv unterstützt werden können und diskutiert, wie die zwei dominanten Forschungsperspektiven zur Gewinnung verwertbarer Erkenntnisse heute beitragen.

Katharina Scheiter stellt zunächst die beiden bis heute gängigen Forschungsstränge zum Thema vor und hält fest, dass diese bis heute weitgehend unverknüpft nebeneinander diskutiert würden: Erstens, die Perspektive des Lernens mit (digitalen) Technologien (Technology Enhanced Learning, TEL) und, zweitens, die Perspektive des Lehrens mit (digitalen) Technologien (Technology Enhanced Teaching, TET). 

Die Forschung zum Lernen mit digitalen Technologien etablierte sich bereits in den 1960er Jahren. TEL war Teil einer experimentell und empirisch arbeitenden Lehr- und Lernforschung, die auf der Erforschung zur Medienwirkung basierte. Sie konzentrierte sich entsprechend auf die Interaktion des Lernenden mit dem Medium, während die Rolle der Lehrenden höchstens am Rande einbezogen wurde.

Seit den 1990ern dominierte dann die so genannte Clark-Kozma-Debatte, die bis heute, so Scheiter, nicht an Aktualität eingebüßt hat. In ihrem Kern steht die Frage, ob Medien lediglich Informationsträger sind, wie der Psychologe Richard Clark argumentiert, und daher die (digital gestützten) Lernmethoden im Fokus der Forschung stehen müssten. Dagegen argumentiert Medientheoretiker Robert Kozma, dass der Lernerfolg von TEL durch die digitalen Medien selbst beeinflusst wird. Er vertritt die These, dass Medien unterschiedliche Funktionalitäten haben, die spezifisch zur Unterstützung für Lernprozesse eingesetzt werden können. 

Seit Anfang des 21. Jahrhunderts fokussieren Forschungen im Bereich des TEL auf die Passung von Medieneigenschaften (so genannten Affordanzen) und Lernzielen. Hier kritisiert Scheiter, dass vor allem Effekte mit Medien erforscht werden, während Effekte, die sich während der Mediennutzung ergeben, kaum Beachtung finden und nicht systematisch in das gesamte Lerngeschehen einbezogen werden. Dazu gehören etwa längerfristige Auswirkungen auf den Wissenserwerb oder die Veränderung von Selbstwirksamkeit bei den Lernenden.

Um die Jahrtausendwende, als die Verfügbarkeit digitaler Medien auch in den Schulen zunahm, entwickelte sich mit dem Technology Enhanced Teaching (TET) der zweite Forschungsstrang, dessen Gegenstand die Verwendung von digitalen Medien im Unterricht ist. Im TET werden digitale Medien als Teil eines komplexen Lehr-Lernarrangements betrachtet. Der Fokus liegt auf dem Unterrichtskontext, in den die digitalen Medien eingebettet und mit anderen Angeboten verknüpft werden, sowie auf der Rolle der Lehrenden. Die Forschungslinie des TET ist entsprechend stark durch Modelle geprägt, die sich entweder mit der Funktion und Integration digitaler Medien im Unterricht befassen oder Merkmale von Lehrkräften beschreiben, die digitale Medien lernwirksam einsetzen. 

Auch für TET zeigt Scheiter die Grenzen des Forschungsansatzes auf und kontextualisiert die Kritikpunkte. So zielten seine Anwendungsmodelle oftmals darauf ab, zu beschreiben, welche Funktion digitale Medien im Unterricht einnehmen können, wie z.B. Ersetzen, Verstärken oder Verändern von Unterrichtspraktiken, Lernprozessen und Lernzielen. Scheiter empfiehlt dagegen eine stärkere Anbindung an die klassische Unterrichtsforschung, um die Prozessqualität von Unterricht mit digitalen Medien stärker zu fokussieren. Sie erhofft sich damit einen ganzheitlichen Blick auf einen zeitgemäßen, mediengestützten Unterricht, da sie die strenge Unterscheidung zwischen dem bisherigen analogen und digital gestützten Unterricht für nicht mehr zielführend hält.

In den letzten Jahren entstand im Zusammenhang von Forschungen zu TET das Konzept der Orchestrierung, das die Einbindung digitaler Medien in den gesamten Unterrichtsprozess in den Blick nimmt. Die Forderung nach der Orchestrierung digitaler Medien hebt hervor, dass ein lernwirksamer Einsatz digitaler Medien im Unterricht immer auch didaktische Überlegungen erfordert. Hierzu werden spezifische Kompetenzen bei den Lehrkräften nötig. Entsprechend fokussieren sich aktuelle Studien auf die Kompetenzen und die Kompetenzförderung von Lehrkräften. Scheiter stellt hier vor allem das TPACK-Modell1 heraus. Dieses erweitert das mittlerweile klassische PCK-Modell von Shulman2, nach dem Lehrpersonen pädagogisches Wissen, domänenspezifisches Fachwissen und pädagogisches bzw. fachdidaktisches Fachwissen benötigen, um die Dimension des technologischen Wissens. Scheiter hebt zwar heraus, dass diese ganzheitliche Sicht gewinnbringend für die Forschung zu TET ist, kritisiert jedoch die mangelnde empirische Basis und die Unschärfe des TPACK-Modells.

In ihrem Fazit fordert Katharina Scheiter eine stärkere Integration der beiden dargestellten Forschungslinien. Nur so könne der komplexe Prozess der Begleitung und Gestaltung von Lern- und Bildungsprozessen mit digitalen Medien ganzheitlicher in den Blick genommen und Erkenntnis darüber gewonnen werden, wie Bildungsprozesse in der Digitalität positiv beeinflusst werden können. Für die Forschung in diesem Bereich liefert Katharina Scheiter mit ihrer Standortbestimmung zur Erforschung von Lehren und Lernen mit digitalen Medien einen wichtigen Baustein für eine zielorientierte Weiterentwicklung von Forschung, die der Komplexität der Thematik gerecht wird.

Fußnoten
2

Mishra, P. & Koehler, M.J. (2006). Technological Pedagogical Content Knowledge: A Framework for Teacher Knowledge. Teachers College Record, 108 (6), 1017-1054, https://doi.org/10.1111/j.1467-9620.2006.00684.x

Shulman, L.S. (1986). Those who understand: Knowledge growth in teaching. Educational Researcher, 15 (2), 4.14.

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Das PCK-Modell benennt als notwendige Kompetenzen für Lehrkräfte Pedagogical Knowledge (PK), Content Knowledge (CK) und Pedagogical Content Knowledge. https://blog.teachcomputing.org/developing-computing-pedagogy-post-2014-a-doctoral-study/

Das Modell des „Technological Pedagogical Content Knowledge“ (TPACK) setzt eine Kombination von fachdidaktischen, pädagogischen und technologischen Wissensbeständen als Grundlage für einen effektiven Unterricht mit digitalen Technologien voraus und vermittelt auf Basis dieses Ansatzes einen differenzierten Rahmen für die Entwicklung von Lehrinhalten und die Lehrpersonenbildung. https://www.gfdb.de/didaktik-tpack-modell

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