Der rapide Fortschritt in den Computerwissenschaften der 1960er Jahre veranlasste neben Herbert A. Simon auch Marvin Minsky – den herausragenden amerikanischen Kognitionswissenschaftler, Informatiker und Mitbegründer des Begriffs der künstlichen Intelligenz – zu einer unhaltbaren Aussage. So mutmaßte er in seinem 1967 erschienenen Buch Computation: Finite and Infinite Machines: „Ich bin überzeugt, dass innerhalb einer Generation nur noch wenige Bereiche des Intellekts außerhalb des Bereichs der Maschine liegen werden – die Probleme bei der Schaffung ‚künstlicher Intelligenz‘ werden im Wesentlichen gelöst sein.“
Jahrzehnte nach diesen übermäßig optimistischen Prognosen stellte sich heraus: Dem Computer fällt es wesentlich leichter, ein Schachspiel zu gewinnen, als Gesichter zu erkennen, erklärt Hardesty. Das war der Grund für die Fehlprognosen von Minsky und Simon. Sie unterschätzten die Vielschichtigkeit der unscheinbaren Alltagsaufgaben. So identifizieren wir Menschen mühelos einzelne Wörter aus gesprochener Sprache, trinken Wein aus fragilen Gläsern und erkennen Gesichter auf überladenen Bildern. Die enorme Komplexität dieser Prozesse wurde erst deutlich, als Maschinen kläglich daran scheiterten.
Um diese Herausforderungen dennoch zu bewältigen, finanzierte das
Damit Computer sehen lernen und Gesichter auf Bildern so mühelos erkennen können wie Menschen, definierte Poggio fünf Meilensteine. Diese formulierte er in fünf Fragen mit ansteigendem Schwierigkeitsgrad:
Was zeigt das Bild?
Wen zeigt das Bild?
Was tun die Menschen in dem Bild?
Wer interagiert wie mit wem?
Und was passiert als nächstes?
Die ersten zwei Fragen sind nach heutigem Forschungsstand gelöst. Die dritte ist derzeit im Begriff gelöst zu werden. Die letzten beiden erfordern ein Verständnis von menschlichen Intentionen und sind Gegenstand aktueller und zukünftiger Forschung. Doch werden wir einem Algorithmus tatsächlich Intelligenz zusprechen, wenn er alle fünf Fragen beantworten kann?
Ob der neue interdisziplinäre Ansatz Früchte tragen wird und ob seine Entwickler dieses Mal an alle Zutaten gedacht haben, um eine künstliche Intelligenz zu programmieren, bleibt abzuwarten. An den Fehleinschätzungen renommierter Persönlichkeiten wird jedenfalls deutlich, wie schwierig präzise Prognosen sind. Das gilt auch für aktuelle Ankündigungen wie selbstfahrende Autos und dem Menschen ebenbürtige