In den Grundlinien der Philosophie des Rechts (§ 197) spricht Hegel von der sogenannten „praktischen“ Bildung, die der Mensch durch das Ausüben eines Berufes erlangt. Danach spielt es keine Rolle, welchen Beruf jemand ausübt, denn jede berufliche Tätigkeit bildet.
Praktische Bildung besteht für Hegel in drei Aspekten:
„in dem sich erzeugenden Bedürfnis und der Gewohnheit der Beschäftigung überhaupt“, das heißt darin, dass sich der Mensch daran gewöhnt, regelmäßig einer Beschäftigung nachzugehen, und dies auch zu seinem Bedürfnis wird;
in „der Beschränkung seines Tuns“, womit Hegel meint, dass der Mensch beim Ausüben eines Berufes lernt, sich in bestehende Strukturen einzufügen;
in „einer durch diese Zucht sich erwerbenden Gewohnheit objektiver Tätigkeit und allgemeingültiger Geschicklichkeiten“, also in dem Erlernen bestimmter Fertigkeiten.
Von der „praktischen“ Bildung unterscheidet Hegel die von ihm so genannte „theoretische“ Bildung, unter der er eine Art geistige bzw. intellektuelle Bildung versteht. Sie besteht unter anderem
in einer „Mannigfaltigkeit von Vorstellungen und Kenntnissen“,
in der „Beweglichkeit und Schnelligkeit des Vorstellens und des Übergehens von einer Vorstellung zur andern“ und
im „Fassen verwickelter und allgemeiner Beziehungen“, das heißt im Erfassen von Zusammenhängen.
Wie der Mensch zu theoretischer Bildung kommt, darauf geht Hegel in den entsprechenden Paragraphen der Grundlinien nicht ein. In seinen Vorlesungen zu „Naturrecht und Staatswissenschaft“ im Wintersemester 1817/18 legt er allerdings dar, dass die Ausübung bestimmter „höherer“ Berufe theoretische Bildung voraussetzt.
Die praktische Bildung vermittelt also zwischen dem einzelnen Menschen und den Anforderungen des Staates: Der Einzelne spezialisiert sich freiwillig auf eine bestimmte Tätigkeit, wodurch er zur auf Arbeitsteilung beruhenden Wirtschaft beiträgt. Indem Hegel Bildung mit Arbeit in Verbindung bringt, öffnet er sie für alle Schichten. War sie vorher noch den höheren Schichten vorbehalten, gilt bei Hegel jeder, der arbeitet, vom Bauern über den Handwerker bis hin zum Staatsmann, als gebildet.