Intelligence Squared Debates folgen einem immer gleichen Ablauf: Zwei Teams mit jeweils zwei Expert*innen argumentieren in mehreren Diskussionsphasen entweder für oder gegen eine bestimmte Annahme. Das Publikum stimmt vorher einzeln ab, wie es zu der Annahme steht und wird am Ende der Debatte erneut gefragt, ob es seinen Standpunkt geändert hat.
Das Format und die vorgetragenen Argumente eignen sich als Grundlage für fächer- und jahrgangsübergreifende Unterrichtseinheiten und als multiperspektivischen Einstieg in das Thema Künstliche Intelligenz, da wichtige Prinzipien erklärt und die ethische und moralische Dimension des Fachgebiets debattiert werden.
Die Debatte über die „Versprechungen von künstlicher Intelligenz“ ist didaktisch vor allem deshalb interessant, weil sie keine technologischen Details, sondern die möglichen Folgen der Erzählung „KI“ diskutiert. Dabei wird deutlich, welche unterschiedliche Wirkungen wirtschaftliche, wissenschaftliche, politische und mythische Erzählungen entwickeln können.
Betrachter*innen bekommen sowohl einen Überblick über verschiedene Szenarien, die im Rahmen des technologischen Wandels/durch (den verstärkten Einsatz von) KI-Technologien entstehen können, als auch einen Einblick in die Unterschiedlichkeit wissenschaftlicher, politischer und sozialer Argumentationslinien.
Jaron Lanier und Andrew Keen bilden das Team, das den Versprechungen künstlicher Intelligenz skeptisch gegenübersteht. Sie plädieren dafür, im Diskurs Forschung und Phantasie streng auseinanderzuhalten. Es bestehe sonst die Gefahr, dass durch falsche Versprechungen und Vorstellungen wirtschaftliche Interessen gegenüber sozialen Fragestellungen an Aufmerksamkeit gewinnen.
Lanier weist darauf hin, dass sich aktuelle KI-Systeme durch die Analyse von Daten, die durch menschliche Arbeit erbracht werden, weiterentwickeln. Als Beispiel nennt er Übersetzungsalgorithmen, die sowohl durch professionelle Übersetzer als auch Gelegenheitsnutzer trainiert würden. Diese Entwicklungsarbeit würde weder entlohnt noch gäbe es Lösungen dafür, wie der Verlust von Arbeit und Würde kompensiert wird, sobald die KI-Systeme die Aufgaben effizienter erledigen können und den Menschen ersetzen.
Auf der Gegenseite argumentieren Martine Rothblatt und James Hughes für ein optimistisches und positives Bild künstlicher Intelligenz. Rothblatt hebt die Bedeutung maschinellen Lernens für die Entwicklung neuer Medikamente und Behandlungsmethoden hervor. Sie argumentiert außerdem, dass unsere menschliche Empathiefähigkeit, mit der wir anderen Wesen begegnen („We love our pets and we will love A.I.), auch unsere Faszination für künstliche Intelligenzen bestimmen wird. Dieser positive und mitfühlende Blick auf KI kann helfen, deren Entwicklung vornehmlich in Feldern voranzutreiben, die dem Gemeinwohl zuträglich sind – unsere eigene Empathie erzeugt „friendly A.I.“.
James Hughes hebt den Wert von KI für die Entscheidungsfähigkeiten einer Gesellschaft hervor. Dabei sei es egal, ob diese Gesellschaft demokratisch oder totalitär ist – die Entscheidung behalte schließlich der Mensch, nicht die KI. Er argumentiert, dass eine demokratische Gesellschaft, die ein positives Bild von KI hat, eher in der Lage sein wird, Nutzen aus ihr zu ziehen und die Demokratie zu stärken.
Die Debatte zeigt in vielen Nuancen, wie schwer es ist, eine klare Meinung zu den Folgen von KI zu entwickeln. Sie bekommt dadurch Aufforderungscharakter, sich mit ihren Versprechen und Risiken auseinanderzusetzen, denn nur mit einem differenzierten Wissen über künstliche Intelligenz ist eine demokratische Teilhabe an ihrer Nutzung und Integration in gesellschaftliche Prozesse möglich.