In seinem Aufsatz The Fascist Kernel of Ukrainian Genocidal Nationalism argumentiert Rossliński-Liebe, dass der ukrainische Nationalismus einen faschistischen Kern hatte. Dieser Faschismus unterscheide sich allerdings fundamental von anderen Faschismen der Zeit. In seiner Analyse fokussiert er sich auf die ukrainische Nationalbewegung in Ostgalizien und Wolhynien, die von 1918-1939 Teil der Zweiten Polnischen Republik waren.
Die Beziehung der ukrainischen Nationalisten zum Faschismus war überwiegend ambivalent, so Rossoliński-Liebe. Sie tolerierten Faschismus und bewunderten ihn zu einem gewissen Grad, wollten allerdings nicht immer damit in Verbindung gebracht werden. Grundsätzlich unterscheidet Rossoliński-Liebe zwischen zwei Gruppen der Nationalisten: einer älteren Generation, die grundlegend positiv zu faschistischen Werten eingestellt war, und einer jüngeren Generation, die neben der positiven Einstellung zum Faschismus auch eine aktive Terror- und Gewaltbereitschaft mitgebracht hat. Dieser Bruch spiegelte sich auch in der Struktur der 1929 gegründeten
Neben der Ebene der politischen Organisationen führt Rossoliński-Liebe noch andere Bereiche an, um die ideologische Spaltung in der nationalistischen Bewegung aufzuzeigen: Im Hinblick auf die Ideologie der Nationalisten untersucht er die Werke von Dmytro Dontsov, Ievhen Onatskyj und Mykola Sziborskyj – allesamt Nationalisten – die die Beziehung von ukrainischem Nationalismus und Faschismus beschrieben haben. Die Autoren hatten zwar unterschiedliche Auffassungen, wie die ukrainische Nationalbewegung agieren sollte, aber auch einen gemeinsamen Nenner: Ukrainischer Nationalismus habe zwar Elemente des Faschismus in seine Ideologie aufgenommen, versuchte aber um jeden Preis einer Selbstbezeichnung als „faschistisch” aus dem Weg zu gehen. In den Kreisen der Nationalisten wurde der Begriff „nationalistisch” bevorzugt. Dies lag vor allem daran, dass man so verhindern konnte, dass die ukrainische Nationalbewegung als Teil einer internationalen faschistischen Bewegung gesehen wurde. Vorwürfe oder Anklagen, dass es sich bei der Bewegung um ausländische Agenten handeln könnte, ließen sich so abwehren.
Nichtsdestotrotz ist für Rossliński-Liebe klar, dass die Organisation Ukrainischer Nationalisten und ihre Denker einen faschistischen Kern hatten, auch wenn sie die (Selbst-)Bezeichnung als Faschisten ablehnten. Dies sei typisch für faschistische oder nationalistische Bewegungen in Ostmitteleuropa im 20. Jahrhundert: Viele teilten faschistische Ideale, versuchten aber, sich von den großen faschistischen Bewegungen in Deutschland und Italien abzugrenzen, um ihre eigene Einzigartigkeit hervorzuheben. Letzteres stärkte wiederum die Unterstützung für das nationalistische Unabhängigkeitsstreben.