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Krieg in der Ukraine: Der Blick von unten

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Geschrieben von Alexandra Sitenko

Bei te.ma veröffentlicht 11.10.2022

Geschrieben von Alexandra Sitenko
Bei te.ma veröffentlicht 11.10.2022

Welchen Frieden würde die vom Krieg betroffene ukrainische Bevölkerung akzeptieren? Um das herauszufinden, haben Gerard Toal und Karina Korostelina in Kooperation mit dem Kyiv International Institute of Sociology im Juli 2022 eine Umfrage unter mehr als 1.800 Personen in den Städten Dnipro, Saporischschja und Poltawa in der Nähe der Frontlinie durchgeführt.

Zunächst wurde nach den erhofften Zukunftsperspektiven der Ukraine gefragt. Mehr als die Hälfte der Befragten  (52 Prozent) gab an, dass die Schaffung eines friedlichen und wohlhabenden Staates oberste Priorität habe. Etwa jeder Fünfte (21 Prozent) erklärte den Beitritt der Ukraine zur Europäischen Union und 13,1 Prozent die NATO-Mitgliedschaft zur prioritären Aufgabe nach Kriegsende.  

Auf die Frage, unter welchen Bedingungen Friedensverhandlungen akzeptabel wären, wurde am vehementesten ein Szenario abgelehnt, in dem die Ukraine ihr Recht verlieren würde, ihre Zukunft selbst zu bestimmen. Ein Szenario, bei dem die Ukraine im Gegenzug für den Frieden ihr Streben nach einer NATO-Mitgliedschaft aufgibt, ist für 46 Prozent der Befragten absolut inakzeptabel. 58 Prozent finden Zugeständnisse in Bezug auf die Krim ebenso absolut unzulässig. 

Die Organisator/innen der Umfrage wollten auch herausfinden, ob die Unterstützung für Verhandlungen in der Bevölkerung davon abhängt, von wem mögliche Friedensverhandlungen öffentlich unterstützt würden. In der Gruppe, der eine fiktive Erklärung von Selenskyj pro Friedensverhandlungen vorgelegt wurde, stieg die Zustimmung geringfügig von 46 Prozent auf 54 Prozent. Interessanterweise ging die Unterstützung geringfügig zurück (auf 42 Prozent), wenn die Befürwortung aus der EU und den USA kam. 

Die Autor/innen kommen insgesamt zu dem Schluss, dass es von entscheidender Bedeutung ist, die Ansichten der ukrainischen Bevölkerung genau zu beachten. Denn eine Friedenslösung würde ihrer allgemeinen Zustimmung bedürfen, um umgesetzt zu werden und Bestand zu haben.

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Das ist ein wichtiger und interessanter Gesichtspunkt.

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Inzwischen gibt es neue Umfrageergebnisse aus der Ukraine, vom Januar 2023, ermittelt von Gerard Toal und drei weiteren Wissenschaftler/innen. Diese beziehen sich allerdings nicht auf die allgemeinen Zukunftsperspektiven oder die Friedensverhandlungen, sondern explizit auf die Einstellung der ukrainischen Bevölkerung zur Neutralität und zur Nato. Die Umfragedaten geben teilweise sogar die Einstellungen derselben Personen vor und nach der Invasion wieder und zeigen, dass nach fast einem Jahr Krieg die Unterstützung für die Nato so hoch ist wie nie zuvor. Wobei die Autor/innen auf eine Reihe von Faktoten hinweisen, die die Ergebnisse verzerren können.

Insgesamt zeigt sich jedoch eine ziemlich klare Tendenz: lag die Unterstützung für einen Nato-Beitritt 2019 bei etwa 44 Prozent, plädierten dafür im Oktober 2022 bereits 77 Prozent der Befragten. Besonders groß (bei 70 Prozent) ist die Unterstützung in der Gruppe zwischen 18 und 30 Jahren.

Somit, so ist auch das Fazit der Studie, hat der russische Einmarsch in die Ukraine die Entwicklungen befördert, die er eigentlich verhindern wollte.

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