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Olaf Scholz gendert. Eine Analyse von Personenbezeichnungen in Weihnachts- und Neujahrsansprachen

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Olaf Scholz gendert. Eine Analyse von Personenbezeichnungen in Weihnachts- und Neujahrsansprachen

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Geschrieben von Thomas Wagner-Nagy

Bei te.ma veröffentlicht 30.12.2022

Geschrieben von Thomas Wagner-Nagy
Bei te.ma veröffentlicht 30.12.2022

In seiner ersten Neujahrsansprache als Bundeskanzler hat Olaf Scholz kein einziges generisches Maskulinum verwendet. Allgemein ist die Form auf dem Rückzug, während der Anteil an Doppelnennungen bei Personenbezeichnungen zunimmt. Zu diesem Ergebnis kommt eine Analyse der Weihnachts- und Neujahrsansprachen aus mehr als drei Jahrzehnten.

Carolin Müller-Spitzer hat zusammen mit ihren Kollegen Sascha Wolfer und Jan Oliver Rüdiger für diesen Beitrag auf dem Blog Linguistische Werkstattberichte die Weihnachts- und Neujahrsansprachen der deutschen Bundeskanzler und -präsidenten seit Mitte/Ende der 1980er Jahre ausgewertet. Der Fokus liegt auf den darin verwendeten Personenbezeichnungen, die die Linguisten in drei Kategorien unterteilen:

- Generische Maskulina (z.B. Bürger)
- Doppelformen (z.B. Mitbürgerinnen und Mitbürger)
- Geschlechtsabstrakte Ausdrücke und Umschreibungen (z.B. Eltern, Geimpfte, Menschen, alle)

Die alljährlichen Ansprachen der Staatsspitze eignen sich laut den Autoren besonders gut als Gradmesser für sprachliche Entwicklungen, „weil sie bis ins letzte Detail durchdacht und ein fester mediendemokratischer Bestandteil unserer Gesellschaft sind“.

Ihre Auswertung beginnen sie mit dem durchaus überraschenden Ergebnis, dass nur etwa 20 Prozent aller Personenbezeichnungen im generischen Maskulinum stehen – und das bei einem zugrundeliegenden Textkorpus, der bis in die Zeit von Helmut Kohl und Richard von Weizsäcker zurückreicht. Seit den 1990er Jahren ist die Verwendung des generischen Maskulinums der Sprachwissenschaft zufolge rückläufig und erreicht mit null Prozent ihren Extremwert in der ersten Neujahrsansprache von Olaf Scholz im Januar 2022. Demgegenüber steigt der Anteil an Doppelformen stetig an.

Letztere seien gesellschaftlich so breit akzeptiert, dass ihre Verwendung – und damit auch eine Art des Genderns – keine Besonderheit mehr darstelle. Dies sehen Müller-Spitzer und ihre Kollegen als Beleg dafür, dass es bei der oft hitzigen Genderdebatte nur um bestimmte Formen gehe, wie z.B. den Genderstern. Geschlechtergerechte Sprache sei „schon längst Sprachpraxis“, folgern die Linguisten. Wenn auch bislang hauptsächlich in Form der direkten Ansprache von Männern und Frauen.

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