Kobalt, Europium, Neodym und Terbium. Mit Ausnahme von Kobalt gehören diese Materialien zur Gruppe der Seltenen Erden. Alle vier finden sich in Akkus, Mikrochips und Lautsprechern wieder oder bringen Fernseher zum Leuchten. Im digitalisierten Alltag sind Seltene Erden also unerlässlich. Als Zutat für Windturbinen oder Elektromotoren spielen sie außerdem eine zentrale Rolle bei der Energiewende. Aber auch die Herstellung von Hochleistungschips – jener Hardwarekomponente, auf der KI-Modelle wie ChatGPT trainiert werden – kommt nicht ohne Seltene Erden aus. Gewonnen werden sie etwa aus Erzen, die im Boden vorkommen.
Der Abbau der gefragten Materialien findet jedoch häufig unter menschenunwürdigen Bedingungen statt. In der Demokratischen Republik Kongo wurden 2017 allein 64 Prozent des weltweiten Kobaltbedarfs abgebaut.
Des Weiteren sorgt der Bedarf an Seltenen Erden für wirtschaftliche Abhängigkeiten. Folglich drohen Produktionsprozesse stillzustehen, sobald Lieferketten unterbrochen werden, wie es in der Coronapandemie geschehen ist; und die Lieferketten für Mikrochips sind aufs Höchste verworren. Der taiwanische Chiphersteller TSMC beispielsweise beziffert die Anzahl seiner Zulieferer auf rund 2.500, die ihrerseits selbst wieder Produkte von weiteren Tausenden Zulieferern beziehen.
Abhilfe gegen menschenunwürdige Abbaumethoden und geopolitische Abhängigkeiten könnten Manganknollen bringen. Diese liegen kartoffelförmig auf dem Meeresboden der Tiefsee (siehe Abbildung 1) oder stecken dort im weichen Sediment. Generell bilden sich Manganknollen um Gegenstände herum, wie etwa Muschelschalen, Haifischzähne oder Steinfragmente, und wachsen im Verlauf von einer Million Jahre nur um rund einen Zentimeter. Ihr Wachstum gehört damit zu einem der langsamsten geologischen Phänomene.
Der Abbau von gefragten Materialien in der Tiefsee könne McKie zufolge die ohnehin schon geschundenen Reserven an der Erdoberfläche schonen. Die Roboter der Tiefseebergbauunternehmen stünden auch schon bereit und warteten nur noch auf eine behördliche Zulassung. Apollo II, ein 16 Meter langer Roboter des niederländischen Unternehmens Royal IHC
In verschiedenen Stadien der Gewinnung Seltener Erden am Tiefseeboden kommen dabei Algorithmen aus dem Bereich der künstlichen Intelligenz zum Einsatz. Beispielsweise bei der Detektion von Manganfeldern mittels Bildverarbeitung
McKie nennt jedoch auch eine Kehrseite der Medaille: Der Abbau von Manganknollen in dieser Größenordnung habe existenzielle Einflüsse auf die maritime Artenvielfalt. In weiten Teilen der Tiefsee stellen Manganknollen – neben dem sonst weichen sedimentartigen Boden – die einzige Gelegenheit für Korallen oder Seegurken dar, festen Halt zu finden. Auch Anemonen, Schwämme, Würmer, Oktopoden und zahlreiche mikroskopische Lebewesen seien von einem radikalen Tiefseebergbau bedroht. Aufgrund der geringen Licht- und Nahrungsverhältnisse in der Tiefsee bräuchten die Bestände außerdem Jahrzehnte, um sich zu erholen.
Grundsätzlich stellt McKie die Frage, ob wir die Rohstoffe aus der Tiefsee wirklich benötigen. Eine Alternative liege etwa im effektiveren Recycling: Sowohl alte Batterien als auch Elektroschrott
Nach der Meinung von Andrew Sweetman ist der Tiefseebergbau allerdings gar nicht mehr abwendbar. Der Professor der Tiefseeökologie an der Heriot-Watt-Universität in Edinburgh hält den gesellschaftlichen Druck nach immer neuen Smartphones, Elektroautos sowie nach Wind- und Solarkraftwerken für zu groß, als dass die Schätze aus der Tiefsee verschont bleiben würden. Bis es zum Abbau kommt, spricht er sich dafür aus, so viele Informationen wie möglich über den Effekt des Tiefseebergbaus zu sammeln, um den Schaden möglichst minimal zu halten. Auch hier kann künstliche Intelligenz nützlich sein,
Bei dem kontroversen Thema des Tiefseebergbaus stellt sich künstliche Intelligenz also als zweischneidiges Schwert heraus. Einerseits können wir sie uns zunutze machen, um Informationen über die Tiefsee zu erhalten. Andererseits spielt künstliche Intelligenz eine zentrale Rolle bei der Detektion von Vorkommen Seltener Erden und beschleunigt den Abbau damit maßgeblich. Gleichzeitig lechzt die KI-Industrie selbst nach den kostbaren Materialien, um Rechenchips herzustellen, auf denen KI-Algorithmen schlussendlich gerechnet und ausgeführt werden.