In zunehmendem Maße wurde in Politik und Forschung in den letzten Monaten wahrgenommen, dass die westliche Antwort auf den russischen Angriff auf die Ukraine inklusive Waffenlieferungen an Kiew und Sanktionen gegen Moskau nicht überall auf der Welt mitgetragen wird. Auch die im Westen vorherrschende Wahrnehmung eines „Epochenbruchs“ wird im Globalen Süden nicht geteilt.
Adekeye Adebajo sieht diese Haltung unter anderem in der tief sitzenden Skepsis gegenüber westlicher Inkonsequenz bei der Bewertung militärischer Interventionen begründet. Als Beispiel erwähnt er die von den USA angeführte Invasion im Irak im Jahr 2003, die ohne Genehmigung des UN-Sicherheitsrats durchgeführt wurde. Hinzu kommt die kollektive Frustration aufgrund der jahrzehntelangen westlichen Untätigkeit bei der Reform der internationalen Handelspolitik
Eine Ähnlichkeit zwischen der einstigen und heutigen
Adebajo erinnert daran, dass China, Indien, Indonesien, Südafrika, Äthiopien, Algerien, Brasilien und Mexiko, die einen Großteil der Weltbevölkerung repräsentieren, eine blockfreie Haltung zum Ukraine-Konflikt eingenommen haben, wobei viele auch die russische Interpretation zu akzeptieren scheinen, dass sich Moskau durch die Nato-Osterweiterung eingekreist fühlte.
Besonders verärgert sind laut dem Autor viele im Globalen Süden über die Einteilung der Welt in gute Demokratien und böse Autokratien, wie diese von Joe Biden kürzlich vorgenommen wurde. Genau aus diesem Grund hätten die meisten lateinamerikanischen Staaten die Warnungen Washingtons ignoriert, keine Geschäfte mit China zu betreiben.
Schließlich verweist der Autor darauf, dass Prognosen zufolge China, Indien und die USA bis 2050 die drei größten Volkswirtschaften der Welt sein werden. Bereits heute wird mehr internationaler Handel über den Pazifik als über den Atlantik abgewickelt. Trotz der Rückkehr der Geopolitik nach Europa verschiebt sich die Zukunft der internationalen Beziehungen, laut Adebajo, schrittweise von Europa nach Asien.