Es gibt viele gute Gründe, gendersensible Sprache zu verwenden. An mancher Stelle erscheint dies jedoch kompliziert und umständlich. Der Text soll zudem gut lesbar bleiben. Viele Negativbeispiele wirken abschreckend, und irgendwie sind in der maskulinen Form doch alle mitgemeint, oder nicht?
Nun gibt es mehrere Möglichkeiten: Man könnte das generische Maskulinum nutzen und versichern, die männliche Form gelte für alle. Oder man könnte konsequent das Gendersternchen verwenden. Diese Form schließt zwar alle mit ein, ist aber außerhalb von queerfeministischen Kreisen nicht sehr beliebt und läuft Gefahr, den Lesefluss zu stören.
Aus diesem Dilemma möchte das Team von Genderleicht mit undogmatischen Ansichten, konstruktiven Schreibtipps und Offenheit für sprachliche Vielfalt helfen. Genderleicht ist ein Projekt des Journalistinnenbundes und wird vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert. Auf der Website zeigen die Journalistinnen, dass es nicht den einen richtigen Weg gibt, sondern viele. Dies wird auch in Christine Olderdissens Leitfaden deutlich.
Partizipformen wie „Anwesende“ oder „Studierende“ können sinnvoll sein, weil sie im Plural alle Geschlechter mit einbeziehen. Die Autorin plädiert jedoch dafür, nur geläufige Partizipien zu verwenden. Welche das sind, wird an einigen Beispielen skizziert. Für ein vollständigeres Bild wäre eine Liste nützlich gewesen, aber hier müssen wir selbst recherchieren. Olderdissens Tipp: „Seien Sie kritisch und vertrauen Sie Ihrem Sprachgefühl.“
Als Faustregel schlägt sie vor: „Je weniger Personen vorkommen, desto weniger müssen Sie gendern.“ Das klingt zunächst einleuchtend, aber wirkt ein Text ohne Menschen nicht unmenschlich? Keineswegs, sagt die Autorin. Durch den Fokus auf Tätigkeiten statt auf Personen könne ein Text sogar verständlicher werden und in einer Strategie, die sie als „Klammertrick“ bezeichnet, werden Menschen persönlich benannt und aufgezählt:
„Zu Anfang eines Themas werden die Beteiligten, mithin das Personal des Textes, eingeführt. Ist geklärt, dass sowohl Männer als auch Frauen am Thema beteiligt sind – oder auch ausdrücklich genderqueere Personen – können zwischendurch generische Maskulina quasi als Fachbegriff benutzt werden.“
Dadurch wird auch die Beidnennung entzerrt, zum Beispiel so:
„Bei Habeck waren Kommunalpolitiker zu Gast. Die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister wollten …“
Anstatt sich auf eine Art des Genderns festzulegen, wird eine Vielzahl von Möglichkeiten dargestellt. Aufzählungen bieten beispielsweise eine gute Gelegenheit, Formen der Personenbeschreibung bunt zu mischen und damit Genderstereotype zu hinterfragen:
„Einen Bonus sollen Erwerbstätige erhalten, die in der Pandemie besonders belastet waren: Verkäufer, Ärztinnen, Pflegekräfte, LKW-Fahrer, Erzieherinnen. Oder: … Verkäuferinnen, Ärzte, Pflegekräfte, LKW-Fahrerinnen, Erzieher.“
Solche Mischformen bieten sich insbesondere dann an, wenn im Text von gemischtgeschlechtlichen Gruppen die Rede ist. Es wird aber auch betont, dass die Kreativität beim Gendern in manchen Fällen zurückstehen muss, z.B. in Interview-Zitaten, die nicht nachträglich verändert werden sollten. Auch in Texten mit historischem Bezug sollten wir uns fragen, welche Menschen wirklich beteiligt waren und diesbezüglich präzise bleiben.
Gendersensible Sprache wird in Olderdissens Blogpost nicht idealisiert. Sie hat ihre Tücken und diese werden nicht geleugnet. Das Besondere am Projekt Genderleicht ist, dass die Journalistinnen die Schwierigkeiten erkennen und Wege suchen und finden, mit diesen umzugehen und Texte sowohl gendergerecht als auch leicht verständlich zu gestalten.
Der Leitfaden bietet wertvolle Tipps für die Praxis. An einigen Stellen hätten mehr Beispiele ihn noch verständlicher machen können. Aber der Blogpost steht nicht für sich allein, sondern verweist auf eine große Sammlung von Beiträgen und Werkzeugen, die das gendersensible Schreiben erleichtern sollen.
Was ist euer bestes Stilmittel für elegantes Gendern?