Durch die Analyse verschiedener Ansätze zur Konzeptualisierung und Messung sozialer Nachhaltigkeit bietet Eva Senghaas-Knobloch wertvolle Einblicke in das komplexe Thema Nachhaltigkeit. Sie unterscheidet zwei Bedeutungsebenen sozialer Nachhaltigkeit, die um 2008 in der Nachhaltigkeitsforschung zu finden waren. In der ersten Bedeutung geht es um das Soziale in Relation zum Ökologischen: Ohne die natürliche Welt ist das Soziale nicht lebensfähig. Es wird daher als nicht überschreitbare Grenze für ökologisches Handeln thematisiert. Der ökologischen Dimension wird hierbei der Vorrang eingeräumt. Man muss ökologisch nachhaltig handeln, um soziales Leben überhaupt zu ermöglichen. In einer zweiten Bedeutung wird das Soziale in seinem Eigenwert wahrgenommen und die Zukunftsfähigkeit der sozialen Einheit, also der Gesellschaft, betrachtet. Aus dieser Perspektive können die ökologische, die ökonomische und die soziale Dimension miteinander in Konflikt geraten. So hat beispielsweise die Abschaffung von Kohlekraftwerken einen positiven ökologischen Effekt, führt möglicherweise allerdings auch zu einer geringeren Anzahl an Arbeitsplätzen und so zu erhöhter Arbeitslosigkeit.
Die allgemeine Herausforderung für eine nachhaltige Entwicklung besteht Senghaas-Knobloch zufolge darin, ökologische, ökonomische und soziale Aspekte nicht als getrennte und konkurrierende Dimensionen zu betrachten, sondern gleichermaßen zu integrieren. Die Frage sei, ob das Konzept der sozialen Nachhaltigkeit eine Perspektive bietet, aus der sowohl die Problematik der begrenzten natürlichen Ressourcen als auch der besondere Charakter der sozialen Nachhaltigkeit gemeinsam betrachtet werden können.
Laut Eva Senghaas-Knobloch kann eine solche gemeinsame Perspektive mit Fokus auf den gesellschaftlichen Umgang mit natürlichen Ressourcen gefunden werden. Zum einen sei es höchst relevant für die ökologische und die soziale Dimension, wie der Einsatz natürlicher Ressourcen gesellschaftlich organisiert wird. Zum anderen kämen durch die gemeinsame Perspektive nicht nur die Umwelt, sondern auch der Mensch und dessen Arbeitskraft zum Vorschein. Letztere können als Ressource betrachtet werden, für die ein schonender Umgang von höchster Relevanz ist. Bei unachtsamem Umgang könne diese auch „vernutzt“ oder vergiftet werden: Menschliche Fähigkeiten können verloren gehen, wenn sie nicht gebraucht werden. Ein Betriebsklima kann „kippen“ und die Bereitschaft für solidarisches Handeln kann abnehmen, wenn diese abgenutzt bzw. überlastet wird. Durch die Einbeziehung der natürlichen Bedingungen des Menschen hilft diese Perspektive dabei, die ökologische und soziale Dimension gleichermaßen zu berücksichtigen.
Dabei ergebe sich laut der Autorin eine normative Problematik: Sollte in der Nachhaltigkeitsdebatte nachgewiesen werden, dass sich der Schutz der menschlichen Arbeitskraft und des sozialen Zusammenhalts „rechnen“, oder sollte es genügen, auf die Würde des Menschen zu verweisen? Nach Eva Senghaas-Knobloch ist es angeraten, beides zu tun.