Die Verhängung von Wirtschaftssanktionen hat seit den 1990er Jahren rasant an Bedeutung zugenommen, ein Trend, der sich bereits nach dem Zweiten Weltkrieg abzeichnete.
Nicholas Mulders Studie basiert auf der Annahme, dass die Kontroversen, die auch heute die Verhängung von Sanktionen begleiten, verständlicher werden, wenn man deren historische Ursprünge beleuchtet.
Mulders These ist, dass sich die internationale Politik durch die Verbreitung und Normalisierung von Sanktionen verändert hat – und zwar nicht unbedingt zum Guten. So hätten die Siegermächte des Ersten Weltkriegs, als sie die Verhängung ökonomischer Strafaktionen in Artikel 16 des Völkerbundes aufnahmen, Wirtschaftssanktionen von einem Mittel der Kriegsführung in eine Institution für Friedenszeiten überführt.
Ausgehend von diesem Blick auf den konzeptionellen Wandel macht Mulder besonders darauf aufmerksam, dass die Anwendung ökonomischer Sanktionen unbeabsichtigte Nebenwirkungen für jene hat, die sie verhängen.
Mulders Werk formuliert zudem eine weitere fundamentale Kritik am liberalen Sanktionsinstrument, die auch im gegenwärtigen Kontext auf Resonanz stößt.
Blickt man aus dieser historischen Perspektive auf den gegenwärtigen Konflikt zwischen westlichen Staaten und einem kriegführenden Russland, dessen Präsident bereit zu sein scheint, bis zum Letzten zu gehen, lässt Mulders Fazit eine bedrohliche Zukunft erahnen: Die Sanktionsregime einer einst liberalen Weltordnung und das nationalistische Streben nach Autarkie und territorialer Kontrolle könnten in eine fatale, sich gegenseitig verstärkende Wechselwirkung geraten.