Mehrsprachigkeit ist Realität in den meisten Ländern dieser Welt. Staaten reagieren auf diese Situation mit ganz unterschiedlichen Sprachpolitiken – also der politischen Steuerung von gesellschaftlicher Mehrsprachigkeit.
Sprachpolitik, schreibt Oeter, könne durch die forcierte
Deutschland sei lange durch eine homogenisierende, assimilatorische Sprachpolitik geprägt gewesen. Vor allem die preußische Verwaltung habe Minderheitensprachen in den Reichsgrenzen – etwa Polnisch, Französisch und Dänisch – ebenso zu marginalisieren gesucht wie das Niederdeutsche und regionale Dialekte. Diese assimilatorische Grundtendenz sei auch nach 1945 in weiten Teilen Deutschlands erhalten geblieben. Zu einer Wende sei es erst mit der Ratifizierung der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen im Jahr 1998 gekommen. Das Abkommen verpflichtet die Vertragsstaaten, den Gebrauch von Minderheitensprachen im öffentlichen Leben aktiv zu fördern, beispielsweise indem ein grundständiges Angebot an Radio- und Fernsehprogrammen in den Sprachen bereitgestellt wird und kulturelle Aktivitäten unterstützt werden. Außerdem müssen Möglichkeiten geschaffen werden, Schulunterricht in den Sprachen zu erhalten und sie in der Verwaltung verwenden zu können.
In Schleswig-Holstein, Sachsen und Brandenburg – drei Bundesländern, in denen in Deutschland anerkannte Minderheitensprachen gesprochen werden – enthalten die Landesverfassungen heute einen expliziten Handlungsauftrag für eine minderheitenfreundliche Sprachpolitik sowie eine Vielzahl von gesetzlichen Regelungen zum Schutz und zur Förderung der Minderheiten- und Regionalsprachen. Das sogenannte Friesischgesetz aus dem Jahr 2004 erlaubt etwa den Gebrauch von Friesisch in örtlichen Behörden oder auf Straßenbeschilderungen in Schleswig-Holstein. Sorbisch ist in den sorbischsprachigen Gebieten im Bundesrecht als Gerichtssprache anerkannt.
Während die sogenannten „
Die „Grundfärbung deutscher Migrationspolitik“, fasst Oeter zusammen, sei geprägt von der normativen Vorstellung, dass sich Migrant*innen und deren Nachkommen in Deutschland sprachlich und kulturell assimilieren sollten. Daher liege die Betonung stark auf dem frühkindlichen Erwerb und Ausbau der Deutschkenntnisse – statt auf einer Förderung der im Elternhaus erworbenen Sprache.
Argumentativ werde dieser Ansatz durch zahlreiche Bildungsstudien untermauert, die schulische Defizite bei Kindern aus migrantisch geprägten Haushalten zeigen. Eine derartig „einseitige Orientierung“ auf Ausbildung in der Landessprache vertrage sich allerdings schlecht sowohl mit den aktuellen Befunden der Bildungsforschung als auch den Leitbildern der UNESCO, die im Gegenteil auf die „Alphabetisierung in der Herkunftssprache und komplementären Ausbau der Standardsprache der Umgebungsgesellschaften“ setzen.
Der gegenwärtige Umgang mit mehrsprachigen Kindern in deutschen Schulen, kritisiert Oeter, lasse nicht nur „angelegte sprachliche Ressourcen brachliegen, sondern ist auch kognitiv und entwicklungspsychologisch fragwürdig“.
Es stelle sich die Frage, ob es pädagogisch nicht sinnvoller sei, Erstsprache und Umgebungssprache gleichzeitig zu fördern, statt „zweisprachig aufgewachsene Kinder unbedingt einsprachig machen zu wollen“. Zumindest in Großstädten sei es möglich, für Sprachen mit größeren Sprecher*innenzahlen zweisprachige Kapazitäten in den Schulen aufzubauen.
Ferner sei rechtspolitisch zu prüfen, ob nicht Elemente der Politik zum Erhalt und Ausbau von autochthonen Minderheitensprachen auf Migrantensprachen übertragen werden sollten. Politisch sei dies hochumstritten – die Diskussion stehe allerdings noch ganz am Anfang.