Der Königsberger und der Litauische Schulplan

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Der Königsberger und der Litauische Schulplan

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Geschrieben von Eva von Grafenstein

Bei te.ma veröffentlicht 07.12.2022

te.ma DOI https://doi.org/10.57964/2tdq-aw36

Geschrieben von Eva von Grafenstein
Bei te.ma veröffentlicht 07.12.2022
te.ma DOI https://doi.org/10.57964/2tdq-aw36

Der grundsätzliche Aufbau des deutschen Erziehungssystems, wie wir es heute kennen, geht wesentlich auf die Ideen und Konzeptionen Wilhelm von Humboldts zurück. Er war in den Jahren 1809/10 Direktor der Sektion für Kultus und Unterricht im Preußischen Innenministerium und setzte in dieser Funktion etliche Reformen an Schulen und Universitäten durch. Während seiner Amtszeit verfasste er die Reformschrift „Der Königsberger und der Litauische Schulplan“, in der er das Modell eines dreistufigen Bildungssystems vorlegte. Sie war ausschließlich für den internen Gebrauch im Ministerium gedacht und wurde erst posthum veröffentlicht.

In dem von ihm entworfenen Schulplan für die preußischen Gebiete Königsberg und Litauen spricht sich Humboldt gegen ein ständisch gegliedertes Schulsystem aus Bürger- und Gelehrtenschulen aus, wie es zu seiner Zeit bestand. Stattdessen solle jeder, egal welcher Herkunft, die gleiche Schulbildung erhalten, in der er bestimmte Grundkompetenzen erlerne. Denn „der gemeinste Tagelöhner, und der am feinsten Ausgebildete“, so Humboldt, müsse „in seinem Gemüt ursprünglich gleich gestimmt werden“. Die Bildungseinrichtungen sollten ihm zufolge in Elementarschule, Schule und Universität eingeteilt sein. Sie würden nacheinander durchlaufen werden, wobei sowohl nach der Elementarschule als auch nach der Schule jederzeit in die Berufsausbildung gewechselt werden könne. 

Humboldts Auffassung nach wird der Schüler in der Elementar- bzw. Grundschule überhaupt erst auf den Unterricht vorbereitet: Er lernt, dem Lehrer gedanklich zu folgen und das Vernommene zu verinnerlichen und wiederzugeben. Außerdem lernt er Lesen, Schreiben und Rechnen. 

In der Schule, dem Gymnasium, werden Humboldt zufolge die „Hauptkräfte des Geistes“ ausgebildet. Demgemäß gliedert er den Schulunterricht in gymnastischen, ästhetischen und didaktischen Unterricht, wobei sich der didaktische Unterricht aus den Fächern Mathematik, Geschichte und Sprachen zusammensetzt. Während die Lehrperson in der Elementar- bzw. Grundschule unentbehrlich sei, solle sie im Gymnasium zunehmend entbehrlich werden: Die Schüler sollen bei ihr lernen, ab einem bestimmten Punkt eigenständig weiterlernen zu können.

Auf das Gymnasium folgt der Eintritt in die Universität. In ihr widmet sich der Studierende einige Jahre lang ausschließlich dem wissenschaftlichen Studium. Besonderen Akzent legt Humboldt dabei auf das selbstbestimmte Lernen: Der Studierende solle bei der Fächerauswahl seinen eigenen Interessen folgen und in den Forschungsprozess eingebunden werden, wobei ihm die Lehrperson unterstützend zur Seite stehe.

Mit seinen liberalen Reformvorstellungen veränderte Humboldt das deutsche Bildungswesen nachhaltig: Auch wenn nicht alle seiner Ideen übernommen wurden, so gelang es ihm doch innerhalb seiner nur 14 monatigen Amtszeit Lehrpläne, die Lehrerausbildung und das Prüfungswesen an den Schulen und Universitäten zu reformieren. Heute wird mit Bezug darauf leicht abfällig von der Schule als Anstalt des 19. Jahrhunderts gesprochen. Der sehr liberale und egalitäre Bildungsbegriff Humboldts sowie seine Vorstellung, dass, je weiter die Lernenden in der Schule im Niveau voranschreiten, vor allem das „Lernen“ zu lernen haben, sprechen jedoch dagegen, Humboldts Ideen gänzlich zu verwerfen. Vor dem Hintergrund heutiger Debatten über die in der Digitalisierung zu modifizierende Rolle der Lehrperson muten sie nicht so unmodern an, wie man es bei einem Text aus der Mitte des 19. Jahrhundert womöglich erwarten würde.

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