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In Grossen und Ganzen scheint mir dann aber doch, dass wir beide Ihren Punkt so formulieren, wie Sie ihn auch meinten. Ich hatte “sprachlich die Puppen tanzen lassen” geschrieben, Sie schreiben “haben das Gender Sprachthema in den Vordergrund geschoben” – das meinte ich mit meinen “Puppen”.

Ich sehe es ja ebenso wie Sie, dass die Sprachdebatte die Transformation eher hindert als befördert, diesen Satz von Ihnen würde ich auch unterschreiben: “Dies passiert auch, weil jeder mit einer entsprechenen (Gender- oder nicht Gender-)Sprache gleich eine massive konfrontative Botschaft an seinen Gegenüber sendet.”

Ich frage mich aber weiter, wer diese Dritten sein könnten. Soweit ich die Anliegen der Sprachreformer (der “Genderer”) kenne, geht es ihnen wirklich um das, was sie als Botschaft formulieren, also den politischen Effekt des Sprechens. Dann gäbe es keine Dritten, jedenfalls sehe nicht nicht, wer sie sein könnten. Vielleicht kann ja @julian_andrej_rott hier noch einen Blick von innen beisteuern.

Mit der Frage, ob eine Ich-Kultur die Konsensfähigkeit untergräbt, sind wir dann ja in der soziologischen Dimension der Problematik. Einerseits ist der “normative Individualismus” die Grundlage unserer liberalen Gesellschaften. Andererseits kann er, wenn er an ein rigides Gerechtigkeitsprinzip gekoppelt wird wie derzeit, diese Gesellschaften selbst auch leicht zersplittern.

Mich erinnert das ein wenig an die Tragedy of the commons aus den Wirtschaftswissenschaften: Das “unkonfrontativ-miteinander-sprechen-Können” ist ein Gemeingut, auf das wir alle angewiesen sind, aber Player mit starken Partikularinteressen wollen es nicht erstellen bzw. untergraben seine Erstellung. Das Kollektiv könnte damit die Genderer beschuldigen, sich antisozial zu verhalten, genauso wie die Genderer das Kollektiv der Ungerechtigkeit ihnen gegenüber beschuldigen können.

Wir beackern mit dem Sprechen sozusagen alle einen gemeinsamen Garten, von dem wir uns auch ernähren, in dem aber andererseits auch jeder sein eigenes Pflänzchen züchten kann. Die Frage ist, wie sich das ganze Biotop dann verändert – was wird tatsächlich wuchern, und was bleibt einfach in seinem Eckchen?

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