Viele Wissenschaftler/innen haben sich mit der russischen Soft Power beschäftigt.
Die Politikwissenschaftlerin Valentina Feklyunina schlägt eine sozialkonstruktivistische Sichtweise von Soft Power vor. Diese stützt sich auf die Annahme, dass Soft Power die größten Erfolgschancen zwischen Akteuren mit sich bringt, die kompatible Identitäten haben. In anderen Worten: „Wir mögen diejenigen, die uns ähnlich sind.“
In den späten 2000er und frühen 2010er Jahren verschlechterten sich die Beziehungen zwischen Russland und dem Westen deutlich, und Moskau begann, eine dezidiertere Politik in seiner Nachbarschaft zu verfolgen. In diesem Zusammenhang kam es zur Entstehung mehrerer diskursiver Narrative, etwa über die zivilisatorische Besonderheit Russlands und seiner normativen Überlegenheit gegenüber dem im Niedergang begriffenen Westen. Im Vorfeld der Krise von 2013/2014 rund um die Ukraine spielte laut Feklyunina die Idee der „russischen Welt“ (
Der Diskurs „Ukraine als Europa“ grenzte die Ukraine deutlich von Russland ab. Im Mittelpunkt standen die Verwendung der ukrainischen Sprache, die historischen Erzählungen über die Unterdrückung durch Russland und die natürliche Zugehörigkeit der Ukraine zu Europa. Umgekehrt wurden im zweiten Narrativ „Ukraine als alternatives Europa“ die Identifikation mit Russland betont, die Erinnerungen an die gemeinsame Vergangenheit gepflegt und die russische Sprache als Identitätsmerkmal hervorgehoben. Der dritte Diskurs „die Ukraine als Teil eines größeren Europas“ beschrieb die Ukraine als ein Land, das Russland kulturell nahesteht, sich jedoch erheblich von ihm unterscheidet. Dieser Diskurs akzeptierte Russisch zwar als Alltagssprache, betonte aber die Unabhängigkeit der Ukraine und stand der gemeinsamen Vergangenheit oder Zukunft mit Russland ambivalent gegenüber.
Die Autorin kommt zum Schluss, dass die von Russland projizierte Identität der Russkij Mir nur von denjenigen Mitgliedern der ukrainischen politischen Elite und Öffentlichkeit akzeptiert wurde, die dem Narrativ „Ukraine als alternatives Europa” anhingen. Dazu gehörten vor allem ethnische Russen und Russinnen sowie russischsprachige Menschen im Südosten der Ukraine. Russlands Soft Power scheiterte jedoch fast völlig gegenüber der dritten wichtigen Zielgruppe – der Bevölkerung überwiegend im Westen des Landes – die den Diskurs „Ukraine als Europa“ vertrat.
Trotz ihrer scheinbar pro-russischen Position, stand die
Aus dem Text lässt sich schließen, dass Moskau die ukrainische Gesellschaft möglicherweise zu wenig verstanden und falsch eingeschätzt hatte, was zu einer Reihe falscher Annahmen und schließlich zur fatalen Entscheidung des Einmarsches am 24.02.2022 geführt hatte.