Sabine Fischer, eine langjährige Beobachterin der russischen Außenpolitik, rekapituliert die Geschichte der Verhandlungen seit der Annexion der Krim im März 2014. Dass Verhandlungen von Anfang an die kriegerischen Auseinandersetzungen begleiteten, machten nicht zuletzt die beiden
Fischers Text bietet eine wichtige Kontextualisierung des politischen Konflikts um eine Verhandlungslösung des Krieges. Während die eine Seite Verhandlungen mit Russland ablehnt und für einen ukrainischen Siegfrieden eintritt, fordern andere, Russland entgegenzukommen und schnellstmöglich an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Fischer zeigt, dass der gegenwärtigen Eskalation acht Jahre Verhandlungen vorausgingen, die jedoch von immer weitreichenderen und letztlich unerfüllbaren Maximalforderungen Russlands geprägt waren. Auch die russischen Beteuerungen nach der Invasion am 24. Februar 2022, man sei „verhandlungsbereit“, könnten nicht als Basis für neue Verhandlungen dienen. Die Moskauer Forderungen – Niederlegung der Waffen, Aufgabe des Ziels der Nato-Mitgliedschaft, dauerhaft neutraler Status – kämen einer bedingungslosen Kapitulation und Selbstentmachtung des ukrainischen Staates gleich.
Der Text beleuchtet zudem einen weiteren, in der medialen Diskussion oft vernachlässigten Aspekt des Krieges. Die jahrelangen und letztendlich gescheiterten Verhandlungen zwischen EU-Staaten, den USA, der Ukraine und Russland hätten mittlerweile dazu geführt, dass andere Staaten das diplomatische Vakuum gefüllt haben. So gab es in den ersten Kriegswochen diplomatische Initiativen aus Israel, Italien und Südafrika. Seit März 2022 gelänge es aber vor allem dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan, sich als maßgeblicher Mediator zu positionieren. Fischers Analyse macht somit nicht zuletzt deutlich, dass sich die russische Gewalteskalation gegen die Ukraine vor einem noch weiteren Kontext vollzog, über den ernsthaft nachgedacht werden muss: dem Scheitern einer europäischen Sicherheitsarchitektur, die in der Lage ist, frühzeitig Wege in den Krieg zu unterbinden.