In seiner Rede an die Nation vom 21. Februar 2022, in der er die Unabhängigkeit der Volksrepubliken Donezk und Luhansk anerkannte, begründete Putin seine Entscheidung zwar mit der Ausdehnung der Nato-Militärinfrastruktur bis an die russische Grenze, den größten Teil seiner Rede widmete er aber der ukrainisch-russischen Geschichte. Dabei behauptete er, die heutige Ukraine sei „voll und ganz und ohne jede Einschränkung von Russland geschaffen“ worden.
Für den US-amerikanischen Sicherheitspolitik- und Russlandexperten Jeffrey Mankoff ist die Tatsache, dass Putin und die russische politische Elite der Idee der ostslawischen (russisch-ukrainisch-belarussischen) Einheit eine derart große Bedeutung beimessen, ein wichtiges Element, um die Ursprünge des aktuellen Konflikts zu verstehen. Diese Haltung sei ein Indiz dafür, dass die Ambitionen Moskaus über die Verhinderung der ukrainischen Nato-Mitgliedschaft hinausgehen und ein umfassenderes Streben nach politischer, militärischer und wirtschaftlicher Vorherrschaft in der Ukraine beinhalten. Putins Entscheidung zur Durchführung einer groß angelegten Invasion anstelle eines begrenzten Einsatzes, wie in Georgien 2008 oder 2014/2015 im Donbass, interpretiert der Autor als ein Zeichen der Verzweiflung, weil andere Formen der Einflussnahme gescheitert sind.
Offenbar rechnete Moskau damit, dass viele Ukrainer, zumindest im Osten des Landes, aufgrund kultureller, sprachlicher, religiöser Bindung an Russland eine Art Wiedereingliederung in eine russische Einflusssphäre akzeptieren würden.
Mankoff weist darauf hin, dass Putin nicht erst seit 2022 behauptet, Russen und Ukrainer seien ein Volk und teilten ein gemeinsames politisches Schicksal.
Der Autor bezieht sich außerdem auf den ehemaligen russischen Außenminister Sergej Sasonow, der während der Pariser Friedenskonferenz 1919 bemerkt haben soll: „Die Ukraine gibt es nicht. Selbst das Wort ist künstlich (…). Es gibt ein Kleinrussland.“ Auch in der Perestroika-Ära Ende der 1980er zweifelte ein Großteil der russischen politischen und intellektuellen Elite an der Legitimität des ukrainischen Staates.
Dennoch erwähnt Mankoff auch eine Reihe von sicherheitspolitischen Ereignissen, die die Invasionsentscheidung begünstigt haben können: Im Jahr 2016 reagierte die Nato auf die Befürchtungen ihrer Mitglieder entlang der russischen Grenzen, indem sie ihre militärischen Kapazitäten in Estland, Lettland, Litauen, Polen und Rumänien verstärkte und an ihrer Zusage von 2008 festhielt, die Ukraine und Georgien aufzunehmen. 2019 kündigten die USA den
Aus diesem Grund ist Mankoff im Gegensatz zum britischen Politikwissenschaftler Roy Allison der Meinung, eine ukrainische