Wird das
In seiner historischen Studie findet Weiß Belege für eine geschlechterübergreifende Verwendung von Nomen wie „Gast“
In der
Um die verdeckte Kategorie Sexus greifbarer zu machen, unterteilt die Autorin Nomen diesbezüglich in mehrere Kategorien. Die erste Unterscheidung besteht zwischen sexusspezifizierten und nicht-sexusspezifizierten Nomen. Letztere sind immer unbelebt, wie z.B. „der Löffel“, „die Gabel“ etc. und spielen im weiteren Verlauf des Artikels keine Rolle. Es wird im Folgenden also nur um Nomen gehen, die lebendige Wesen bezeichnen. Die Spezifizierung kann (wie in Tabelle 1 dargestellt
Eine weitere Unterscheidung zwischen Nomen, die das Merkmal Sexus aufweisen, wird zwischen sexusspezifizierten und sexusunterspezifizierten Nomen vorgenommen. Aus Tabelle 2 geht hervor, dass beide Arten von Nomen jegliches Genus annehmen können. Außerdem, so Trutkowski, „zeigen die Beispiele in Tabelle 2, dass weder von Genus auf Sexus, noch von Sexus auf Genus geschlossen werden kann“.
Das ist zwar auf rein grammatischer Ebene richtig, jedoch sind vor allem „Blaustrumpf“
Ob und wie sich die Kategorie Sexus als Genus im Sprachgebrauch offenbart, dafür gibt es im Deutschen genaue Regeln. Im Folgenden sind Formulierungen, die von den Autoren oder Befragten als „falsch“ bewertet werden, durch einen Asterisk markiert:
die Linguistin
Nicht: *der/*das Linguistin
Hier muss die Endung -in durch den femininen Artikel als Genusmerkmal realisiert werden. In anderen Fällen ist eine Sexus
Das Mädchenneut hat seinenneut/ihrenfem Opa besucht
Beide Varianten werden als richtig verstanden, obwohl es im Falle der Option mit dem femininen Pronomen einen Konflikt zwischen dem grammatischen Geschlecht (Genus: Neutrum) und dem natürlichen Geschlecht (Sexus: weiblich) gibt.
Es gibt jedoch auch Fälle, in denen Sexus nicht als Genus realisiert werden darf, z.B. in Relativsätzen:
Das Mädchenneut, das Oboe spielt, hat Talent.
Nicht: *Das Mädchen, die Oboe spielt, hat Talent.
Um herauszufinden, welche Nomen tatsächlich eine generische Lesart haben, ließ Trutkowski
Frage an die Leser*innen: Wie würden Sie die folgenden Sätze bewerten?
a) Hans ist Pilot. Maria auch.
b) Hans ist Pilot. Werner auch.
c) Hans ist ein netter Mensch. Maria auch.
d) Hans ist ein netter Mensch. Werner auch.
Alle vier Sätze gelten laut Trutkowski als akzeptabel, jedoch wurde der Satz in a) schlechter bewertet als der in b). Die Sätze in c) und d) wurden gleich gut bewertet. Warum ist das so? Sowohl in a) als auch in c) bezieht sich ein femininer Name („Maria“) auf ein maskulines Nomen („der Mensch“, „der Pilot“). Dies nennt die Autorin „Genus-Mismatch“ (weil das Genus im Subjekt ein anderes ist als im
Wie verhält es sich mit dem weiblichen Pendant, der „Pilotin“?
e) *Maria ist Pilotin. Hans auch.
Der Asterisk verrät: Die Kombination in e) wurde als unzulässig gewertet. „Pilotin“ ist sexusspezifiziert weiblich. Diese Eigenschaft lässt in diesem Kontext keine generische Lesart zu. Hieraus schließt Trutkowski, dass es im Bezug auf menschliche Nomen ein generisches Maskulinum, aber kein generisches Femininum gibt. Zwar führen Genus- und Sexus-Mismatches dazu, dass Sätze weniger gut bewertet werden, unterm Strich gelten Sätze wie in a) unter den Befragten aber trotzdem als akzeptabel.
Trutkowskis Experiment zeigt außerdem, dass generische Lesarten auch in femininen Nomen mit spezifiziertem weiblichen Sexus auftreten können. Diese sind jedoch vorrangig im Tierreich zu finden, wenn das feminine Nomen als Oberbegriff eine Gattung beschreibt. Der Satz in f) gilt laut Akzeptabilitätsrating als zulässig, der Satz in g) nicht:
f) Lily ist eine Katze. Leo auch.
g) *Leo ist ein Kater. Lily auch.
An diesen und zahlreichen weiteren Beispielen zeigt Trutkowski, wie fest die generische Lesart sexusspezifizierter maskuliner Formen in der deutschen Sprache verankert ist. Als generisch gelten dabei solche Nomen, die sexusspezifiziert sind, aber in ihrer Grundform mehrdeutig sind „zwischen einer spezifischen (männlichen oder weiblichen) und einer geschlechtsabstrahierenden Interpretation“ (z.B. „Pilot“ oder „Katze“).
Durch die empirische Methode der Akzeptabilitätsratings wirken die Ergebnisse der Studie (der unten verlinkte Preprint ist frei im Netz zugänglich) glaubhaft und nachvollziehbar. Sie machen in der Diskussion um gendergerechte Sprache deutlich, was „generisch“ eigentlich bedeutet und wie vielschichtig die Kategorien Genus und Sexus sind.
Was heißt das nun für die Diskussion um gendergerechte Sprache? Trutkowski und Weiß sehen ihren Befund als Argument dafür, dass das generische Maskulinum seine Funktion des geschlechtsneutralen Sprechens erfüllt und keine Sternchenformen oder Beidnennungen nötig sind. Gerade von Gegnern des Genderns wird der Artikel häufig angeführt, um zu belegen, wie tief das generische Maskulinum in Grammatik und Sprachgebrauch verwurzelt ist. Aber entkräftet das tatsächlich die Ergebnisse der psycholinguistischen Untersuchungen – und lassen sich Konventionen und Strukturen nicht doch verändern, einen entsprechenden Willen dazu vorausgesetzt? Auf diese Fragen kann keine einzelne Untersuchung eine Antwort geben, sie müssen den Aushandlungsprozessen in der Sprachgemeinschaft anheimgestellt werden.