Die Untersuchung basiert auf einer Befragung von Teilnehmenden des Bielefelder Ostermarsches im Jahr 2022 sowie auf allgemeinen Umfragen zum Krieg in der Ukraine. Im Mittelpunkt stehen drei Fragen: Wie setzen sich die
Die Autorinnen gehen zunächst davon aus, dass der von den Soziolog*innen James Jasper und Jane Poulsen in den 1990er Jahren beschriebene Effekt eines „moralischen Schocks“ in Form der russischen Invasion einen mobilisierenden Effekt auf die Bevölkerung hat.
Die erhobenen Daten zeigen, dass an den Ostermärschen vor allem Menschen teilgenommen haben, die dies bereits seit langer Zeit tun. Im Jahr 2022 konnten nur wenige neue Protestierende mobilisiert werden. Maier und Daphi erklären diesen Umstand mit der fehlenden gesellschaftlichen Anschlussfähigkeit der Narrative, die in der Ostermarschbewegung vorherrschen. Ihre Analyse der Protestankündigungen zeigt, dass nicht nur Russland, sondern auch dem Westen und insbesondere der Nato eine Mitschuld am Krieg gegeben wurde. Zudem sei das von Bundeskanzler Olaf Scholz angekündigte 100-Milliarden-Sondervermögen für die Bundeswehr scharf kritisiert worden. Und letztendlich seien statt Waffenlieferungen verstärkte diplomatische Bemühungen gefordert worden.
Das anhand von Meinungsumfragen erhobene Stimmungsbild in Deutschland zum selben Zeitpunkt unterschied sich hingegen deutlich von diesem Framing. Vor allem die Schuldfrage wurde anders bewertet. Die überwältigende Mehrheit der deutschen Gesellschaft, so Meier und Daphi, hätte Russland klar als Verursacher des Krieges gesehen und der Nato-Osterweiterung nur eine untergeordnete Rolle zugeschrieben.
Während die Angst vor einem Atomkrieg in den 1960er Jahren dafür sorgte, dass die Ostermärsche zu einem fest etablierten Bestandteil der Friedensbewegung werden konnten, ist heute kein vergleichbares Mobilisierungspotential zu beobachten. Wie Meier und Daphi resümieren, konnte also auch Russlands Invasion der Ukraine den Wandel der Ostermärsche über die vergangenen drei Jahrzehnte nicht umkehren: Einst als Massenbewegung gestartet, sind sie mittlerweile lediglich „Erinnerungsorte“,