Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine findet auch auf einer Ebene der Codes statt, so Elisabeth Bauer und Yelizaveta Landenberger in ihrem Beitrag für dekoder. Gewisse Symbole, Bilder und Zeichen tauchen vermehrt in Medien und Öffentlichkeit auf und sind zentraler Bestandteil der russischen Kriegspropaganda. Die Autorinnen beschreiben in ihrem Artikel die wichtigsten Symbole und betten sie in den Kriegskontext ein.
Am markantesten seien die russischen Zs und Vs. Das Z gibt es in dieser Form nicht im kyrillischen Alphabet. Laut dem russischen Verteidigungsministerium steht das Z für das russische „za pobedu” (dt. „für den Sieg”), das V für „sila v pravde” (dt. „Stärke in der Wahrheit”). Kritiker der Invasion merken an, dass das Z an die Swastika des Nationalsozialismus erinnert.
Zuerst wurden die Zs und Vs auf russischer Militärtechnik gesichtet, mittlerweile seien sie ins Alltagsgeschehen integriert: Man findet sie auf Postern, Kinderspielzeug und Lebensmitteln. Dies würde, so die Autorinnen, Assoziationen zum Nationalsozialismus in vielen Teilen der ukrainischen Zivilgesellschaft wecken. Zudem bringe der unbekannte Ursprung des Z auch viel Interpretationsspielraum: Könnte es etwa auch an Zorros Gerechtigkeitskampf erinnern?
Dass die russische Propagandamaschinerie zentral für die Kriegsführung ist, wird durch das Aufstellen von LKWs mit riesigen Fernsehbildschirmen im belagerten Mariupol verdeutlicht, so Landenberger und Bauer. Darüber verbreitet das russische Regime seine Kriegsnarrative, etwa die haltlose Behauptung, die Ukraine würde von Nazis regiert und müsste von diesen befreit werden.
Neben dem russischen Staat verfügt auch der russische Widerstand über seine eigenen Symbole und Codes, die sich wie ein Guerillakrieg bemerkbar machen. Ziel des Widerstands sei es, die Informationsblockade sowie die Flut von Falschinformationen zu durchbrechen und im Alltag an unscheinbaren Orten Informationen über die Realität des Krieges zu verbreiten. So werden zum Beispiel auf Rubelscheinen kurze Botschaften verbreitet oder Preisschilder durch Antikriegs-Slogans ersetzt.
Auch auf ukrainischer Seite entstehen seit dem Beginn des Krieges sprachliche Codes: So werden russische Militärangehörige zum Beispiel als „Orks” bezeichnet, wie die Handlanger böser Mächte in Tolkiens Mittelerde.
Dieses code-switching in allen am Krieg beteiligten Gruppen zeigt, inwiefern Sprache zu einem Mittel der Realitätsverarbeitung wird.