Die
Jürgen Trabant, leidenschaftlicher Verfechter europäischer Vielsprachigkeit, fragt in diesem Aufsatz: Wie kamen die französischen Revolutionäre überhaupt auf derartige Ideen? Und machen wir heute, wo wir das Sprechen wieder starken politischen Zielsetzungen unterwerfen, nicht etwas ganz Ähnliches?
Die Jakobinischen Intellektuellen, die, wie Trabant schreibt, „mehr oder weniger alle durch die Schule der englischen Philosophie gegangen“ waren, bezogen ihre sprachkritischen Ideen von
Man erkennt hier ein Leitmotiv der gesamten Debatte um Sprachplanung und Sprachkorrektur und damit auch das Gendern: die Frage, ob die Wörter das Denken bestimmen (und dieses dann die soziale Realität) oder ob man auch mit suboptimalen Wörtern „richtig“ denken kann.
Eine derart
Entsprechend hält er auch nichts von der – seiner Auffassung nach – „totalitären Sprach-Waschmaschine“, die beispielsweise das Wort Flüchtling durch geflüchtete Person zu ersetzen versucht, weil es tendenziell abschätzig klinge und an Eindringling und Emporkömmling erinnere. (Warum nicht an Liebling oder Zwilling, könnte man fragen?) Dass diese Sprach-Waschmaschine ausgerechnet in Deutschland derzeit mit solchem Nachdruck angeworfen werde, hat nach Trabant auch mit dem Nationalsozialismus zu tun.
In dieser Zeit des politischen Missbrauchs der Sprache hätten Wörter in Bacon’scher Art dem Denken ja tatsächlich „befehlen“ und es „von der Wahrheit oder einfach vom menschlichen Anstand abbringen“ können, wie
Trabants Polemik gegen die Sprachkorrektur ist
Mit dieser Fokussierung aufs Epistemische erfasst Trabant allerdings nur eine der verschiedenen Stoßrichtungen aktueller Bestrebungen zur Verbesserung des Sprachgebrauchs, eine andere entgeht ihm: diejenige der Kommunikation. In seinem Beitrag zu Political Correctness analysiert Frank Polzenhagen, dass die Kommunikationstheorien der 1960er bis 1980er die Anforderung des fairen und wertschätzenden sprachlichen Umgangs in die Diskussion über das angemessene Sprechen hineingebracht haben. Ihr wird nun versucht, Rechnung zu tragen, indem zum Beispiel Selbstbezeichnungen der Vorrang vor Fremdbezeichnungen eingeräumt wird, etwa bei Namen von Nationalstaaten („Belarus“ statt „Weißrussland“) oder beim Gebrauch der Pronomen: Wenn jemand auf eigenen Wunsch als „er“, „sie“ oder ganz ohne Pronomen angesprochen werden möchte, dann sollten wir als Kommunikationspartner dies auch tun.
Ist dies dann ein sprachrevolutionärer Akt, der, ähnlich den Radikalismen der Jakobiner, die letzten Reste einer alten Herrschaftsstruktur vom Tisch wischen (oder waschen?) soll? Oder handelt es sich eher um ein Gebot der Höflichkeit, das dem (post-)modernen Menschen zur zweiten Natur wird und sich in seinem Sprachgebrauch niederschlägt? Andererseits kann auch Höflichkeit in leere Euphemismen umschlagen, derer die Sprachgemeinschaft bald wieder leid werden könnte: Wohin die Reise mit der Sprache geht, lässt sich auch in der demokratischen Gesellschaft kaum vorhersagen.